Besinnung
Der Diakonieverein ist tot, lang lebe der Diakonieverein

Es ist kein gutes Zeichen, wenn ein Autor anfängt selbstreferentiell zu werden, sich also auf sich selbst bezieht. In diesem Fall muss ich es aber tun und mit dem Hinweis auf einen Artikel zur Situation der Diakonievereine beginnen, der an dieser Stelle vor drei Jahren erschienen ist (genauer in der Februar/März-Ausgabe 2013). Der damalige Artikel hatte sich mit der Zukunft unserer Diakonievereine angesichts des gesellschaftlichen Wandels beschäftigt. Die Ausgangsbedingungen unter denen vor einhundert und mehr Jahren Diakonievereine gegründet worden waren, haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten dramatisch geändert, so dass sich ihr ursprünglicher Zweck, mit dem sie angetreten waren, nicht mehr von allen gewährleistet werden kann. Die Zeiten, in denen eine Gemeindeschwester zu den Mitgliedern ihres Diakonievereins gegangen ist, gehören zumindest in den vier Nürnberger Innenstadtgemeinden längst der Vergangenheit an. Die Professionalisierung auf diesem Gebiet, welche nicht nur die Einhaltung bestimmter hygienischer Standards, sondern auch die Einrichtung einer entsprechenden Verwaltung umfasst, sowie die Konkurrenz durch andere Pflegedienste, ist schon lange zu einer Bedrohung kleinerer Diakonievereine geworden. Damit soll aber nicht gesagt sein, dass sich der Diakonieverein als solcher überlebt hat.

Es gibt landauf landab weiterhin viele gut funktionierende Diakonievereine, die beispielsweise Träger einer Evangelischen Kindertagesstätte sind.

Schon vor drei Jahren hatte sich die Frage nach der Existenzgrundlage der Diakonievereine gestellt. Die Zahlen sprachen für sich, sowohl hinsichtlich der finanziellen Situation aber auch hinsichtlich der eingetragenen Mitglieder. In absehbarer Zeit wären uns sowohl die Geldmittel, mit denen wir das Diakonie Team Noris als Gesellschafter unterstützt haben, als auch die Mitglieder ausgegangen. Bei einer gleichbleibenden Abnahme der Mitgliederzahl wäre schon in einigen Jahren der kuriose Umstand eingetreten, einen Verein ohne Mitglieder zu führen.
Im Dezember 2015 hatte – verkürzt gesagt – die Nürnberger Stadtmission, die den größten Gesellschafteranteil am Diakonie Team Noris hält, allen anderen Gesellschaftern vorgeschlagen, deren Anteil zu übernehmen. Hintergrund dieses Angebots war die geplante Fusion der Pflegegesellschaften Erlangen und Nürnberg, mit dem Ziel, das Diakonie Team Noris zukunftsfähiger aufzustellen. Dazu gehört auch eine Verschlankung der Entscheidungsvorgänge, die momentan durch die Gesellschafterversammlungen nur schlecht gewährleistet sind.

Die Annahme dieses Angebots hat den Prozess noch einmal beschleunigt, der schließlich zu dem Entschluss geführt hat, den Verein für Gemeindediakonie St. Lorenz e.V. und den Diakonieverein St. Sebald e.V. aufzulösen. Die entsprechenden Beschlüsse sind bei den jeweiligen Mitgliederversammlungen im März 2016 einstimmig gefällt worden.

Die vereinsmäßige Organisation diakonischer Tätigkeiten hat sich zumindest für den Bereich der Innenstadtgemeinden überlebt. Dieser Tatsache ehrlichen Herzens ins Gesicht zu schauen und unsere Diakonievereine in Würde zu verabschieden, solange sie diese Würde noch haben, bedeutet aber nicht, die treuen Dienste zu vergessen, die sie in den zurückliegenden Jahre den Menschen der Kirchengemeinde von St. Lorenz und St. Sebald geleistet haben.

Auch in Zukunft werden in den Gemeinden und in der gesamten Innenstadt diakonische Aufgaben wahrgenommen. Seit einigen Jahren hat sich St. Jakob im Gemeindeverbund zu einer diakonischen Anlaufstelle entwickelt. Immer wieder fließen Gelder der anderen evangelischen Innenstadtgemeinden dorthin, um diese Arbeit, die St. Jakob für alle vier Kirchengemeinden stellvertretend unternimmt, zu unterstützen. Nicht zu vergessen ist das regelmäßig stattfindende Obdachlosenfrühstück, das von einer regen Schar an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den Innenstadtgemeinden getragen wird. Auch diese Arbeit wird gemeinschaftlich finanziell unterstützt. Im Übrigen fällt zwar das restliche Vermögen des Diakonievereins satzungsgemäß an die Kirchengemeinde zurück – ist aber zweckgebunden, d.h. es darf nur für diakonische Zwecke verwendet werden. Schließlich sei daran erinnert, dass die Kirchengemeinden selbst Mitglieder eines Diakonievereins sind: der Stadtmission Nürnberg.
(Text: Thomas Melzl / Jonas Schiller)