Gesellschaft
Esoterik & Kirche
leichtGLÄUBIG

Viel zu leichtgläubig sind die Menschen von heute – so ist es immer wieder zu lesen. Ob es um Fake-News im Internet geht, die 1000fach gelikt und ohne jede Prüfung geglaubt werden, oder um dubiose Angebote auf dem Esoterik-Markt.

Mittlerweile hat esoterische Literatur in jeder gut sortierten Buchhandlung eine eigene Rubrik (in der Regel gleich neben der, die für die Theologie reserviert ist. Wobei in der Bahnhofsbuchhandlung Theologie unter Esoterik steht – ich war baff erstaunt als ich das neulich entdeckt hatte ). Woher kommt diese Leichtgläubigkeit? Ich bin mir nicht sicher. Aber ich glaube, dass sie mit der Komplexität der modernen Welt zu tun hat. Sich mit anderen Meinungen auseinanderzusetzen, sie auf Plausibilität zu prüfen, nicht einfach das zu glauben, was man gern glauben möchte – das ist anstrengend, und es kostet Kraft. Das gilt für Fake-News, und das gilt für all die esoterischen Angebote, dem Leben einen Sinn zu geben.

In seltsamem Kontrast dazu scheint mir der Glaube an den christlichen Gott zu stehen. Ich kenne nicht viele Menschen, die man insofern als „leichtgläubig“ bezeichnen könnte. Leicht tut sich heute damit kaum mehr einer, viele ringen täglich darum, und selbst die, die sich aus vollem Herzen als Christen bezeichnen, haben immer wieder (Glaubens-)Krisen zu durchleben. Warum das so ist? Vielleicht, weil der Glaube an Gott immer wieder herausfordernd ist, mit Zumutungen verbunden und ohne den Kuschel-Faktor, den der Esoterik-Markt so bereitwillig bereitstellt. Doch ist das schlimm? Ich denke nein: Sich mit dem eigenen Glauben auseinanderzusetzen, ihn – und damit immer auch sich selbst – auf den Prüfstand zu stellen, ist etwas, was gerade uns evangelischen Christen gut ansteht. Wir leben unseren Glauben aus und mit der Freiheit eines Christenmenschen. Dabei tun wir uns mit der Freiheit durchaus auch schwer. Sie ist nicht immer nur eine Freude, sondern auch eine Last. Frei klingt grenzenlos. Aber sind es nicht genau Grenzen, die oft den Weg weisen? Manchmal ist es einfacher, manchmal schwerer, aber leicht zu glauben ist das alles selten.

Ich denke, dass es sich trotzdem lohnt, um seinen Glauben zu kämpfen, ihn einerseits zu bewahren, ihm andererseits aber auch Raum zu Entwicklung zu geben – und Krisen durchzustehen. Einfache Antworten sind meistens die falschen: Ob im Internet oder im wirklichen Leben…

Text: Simone Hahn, Bild: iStockphoto