Gesellschaft
Leichte Sprache im Vergleich
Sag’s einfach

Was ist eigentlich die „leichte Sprache“? Hier ist der Vergleich.

Die Bundesregierung macht es und der evangelische Kirchentag auch. Im Internet tauchen immer mehr Seiten auf, die in „leichter Sprache“ geschrieben sind. Eine Studie der Hamburger Universität hat im Jahr 2011 festgestellt: 20 Millionen Menschen in Deutschland können nicht gut lesen und schreiben. Die Redaktion der Citykirche hat es deshalb ausprobiert. Der redaktionelle Beitrag ist danach in die „leichte Sprache“ übertragen worden.

Verstehen ist nicht einfach

Die Nürnberger Südstadt: Hier leben viele Menschen mit ausländischen Wurzeln. Gleich neben einem russischen Supermarkt hat die Rummelsberger Diakonie einige Büros ihrer Dienste für Menschen mit Behinderung. Hier treffen wir Irmingard Fritsch. Die Diplom-Pädagogin bietet Fortbildungen für Menschen an, die die „leichte Sprache“ lernen wollen. „Das Schwierige an der leichten Sprache ist, genau zu wissen, was der Kern der Aussage ist. Der muss klar sein“, erklärt Fritsch. Inzwischen gibt es bereits Romane in leicht verständlichem Deutsch. Auch die Duden-Redaktion hat kürzlich eine erste Auflage des Wörterbuchs in leichter Sprache drucken lassen. Mit einfachen Worten zu sprechen und zu schreiben, liegt im Trend.
Vor sechs Jahren ist in Hamburg die „Level-One-Studie“ veröffentlicht worden. Demnach ist die Zahl der echten Analphabeten, die also weder lesen noch schreiben können, mit 300 000 erschreckend hoch. Noch viel größer ist mit über 40 % der Anteil der Menschen, die zwar lesen können, aber den Inhalt des Textes nicht verstehen.
Irmingard Fritsch kennt das aus ihrem beruflichen Alltag. Sie erzählt von einer Familie, der plötzlich der Strom gesperrt wird. Ein Anruf beim Energieversorger zeigt, dass die Stromrechnungen seit langem nicht bezahlt wurden. Auf keines der drei Schreiben, in denen der Versorger seine Hilfe anbietet, hat die Familie reagiert. Niemand habe verstanden, was in den Briefen steht. „Es passiert immer wieder“, sagt Fritsch, „dass mir Menschen einen Brief vom Amt zeigen und mich fragen: Was muss ich jetzt tun?“ Viele hätten keine Ahnung von ihren Rechten und Möglichkeiten.
Auch bei der Rummelsberger Diakonie seien erst viele Diskussionen nötig gewesen, um die Veröffentlichungen in eine leicht verständliche Sprache zu übertragen. Geändert habe das erst die Zusammenarbeit mit dem österreichischen Sozialunternehmen „capito“. Dort wird seit über 15 Jahren an dem Thema „Barrierefreiheit“ gearbeitet. „Alle Menschen haben ein Recht auf Information, die sie auch verstehen“, fordert Fritsch.
Dafür gibt es in Europa sechs Kategorien von A1 bis C2, nach denen schriftliche Texte eingeordnet werden. Einfache und kurze Sätze, die ganz leicht zu verstehen sind, bekommen die Bezeichnung A1. In Texten nach A2 sind schon Nebensätze enthalten. Bei B1 ist der Wortschatz bereits viel größer und es dürfen auch allgemein bekannte Fremdwörter wie „Computer“ vorkommen. Unter B2 werden Texte einsortiert, die noch verständlich sind, aber bereits komplexe Zusammenhänge beschreiben. Für das Sprachniveau C1 ist bereits ein Wortschatz mit großem Fachwissen nötig. Und bei C2 geht es um eine wissenschaftliche Sprache, die nur noch ein kleiner Teil der 83 Millionen Menschen in Deutschland versteht.
Was aufhorchen lässt: Die Hamburger Studie hat aufgedeckt, dass 68 % der Behörden und Firmen Texte veröffentlichen, die zur schwierigen Kategorie C1 gehören. Demnach sind auch die Texte in vielen Zeitungen und Zeitschriften zu schwierig formuliert. Denn 41 % der Bevölkerung verstehen nur Texte, die im B1-Niveau geschrieben sind. „Deshalb setzt sich die Rummelsberger Diakonie gemeinsam mit „capito“ dafür ein, dass in schriftlicher Form häufiger als bisher die leichte Sprache verwendet wird“, sagt Fritsch. Damit alle Menschen alle Informationen verstehen.

Text: Paul Schremser, Photos: Madame Privé

Verstehen ist nicht einfach
Text in leichter Sprache (A2)

In der Nürnberger Südstadt leben viele Menschen, die aus einem anderen Land kommen.

Neben einem russischen Supermarkt gibt es Büros der Rummelsberger Diakonie. Ein Büro heißt: Beratungsstelle für Menschen mit Behinderung. Dort arbeitet Frau Irmingard Fritsch. Frau Fritsch bietet Seminare für leicht verständliche Sprache an.

Wer braucht leicht verständliche Sprache?

Frau Fritsch erzählt uns: Viele Menschen verstehen die Informationen nicht, die in Briefen von Ämtern und in Zeitungen stehen. Auch Menschen, die in Deutschland geboren sind.
Vor einigen Jahren wurde eine Untersuchung gemacht. Die Untersuchung hat festgestellt: Viele Menschen können nicht richtig lesen.
Aber noch viel mehr Menschen verstehen nicht, was sie lesen.

Fast die Hälfte der Menschen in Deutschland hat Probleme mit lesen und schreiben. Viele Menschen wissen deshalb nicht Bescheid über ihre Rechte und Möglichkeiten.
Zum Beispiel: Eine Familie kam in die Beratungsstelle, weil der Strom in ihrer Wohnung gesperrt war.
Sie wussten nicht, was sie tun sollen. Der Energie-Anbieter hatte in einem Brief Hilfe angeboten. Den Brief hat aber niemand verstanden.

Was ist leicht verständliche Sprache?

Informationen können so geschrieben werden, dass Menschen sie verstehen können. Das ist nicht leicht. Die Organisation „capito“ erforscht seit vielen Jahren, wie man Informationen leichter verständlich schreibt.
Es gibt in Europa eine Einteilung, wie schwierig Sprache ist. Die Einteilung geht von A1 bis C2.

A1 bedeutet: Es werden kurze Sätze mit wenigen bekannten Worten benutzt.
A2 bedeutet: Es werden kurze Sätze mit bekannten Worten benutzt, nur 1 Nebensatz ist erlaubt.
B1 bedeutet: Es werden längere Sätze mit Nebensätzen gebildet, die Texte sind aber kurz.

Die meisten Menschen verstehen Texte in diesen drei Stufen. Das ist leicht verständliche Sprache. Die Stufen B2, C1 und C2
verwenden Fachwörter und verlangen großes Fachwissen.
So schreiben die meisten Behörden und Zeitungen.
Die Rummelsberger Diakonie versucht zusammen mit capito alle Informationen in den Stufen A1, A2 und B1 zu schreiben. Sie wollen, dass auch andere das tun. Damit alle Menschen alle Informationen verstehen.

Text: Bearbeitet in leichter Sprache A2 von Irmingard Fritsch