Titelthema
500 Jahre Engelsgruß
500 Jahre alt – und doch wie neu!

Wenn Sie im Zeitraum zwischen dem 1. und 17. Juli 2018 in Nürnberg sein sollten, dann dürfen Sie sich das nicht entgehen lassen: Wir feiern ein großes Geburtstagsfest in der Lorenzkirche. Der „Englische Gruß“ oder „Engelsgruß“, ersonnen und aus Lindenholz geschnitzt von Veit Stoß (geb. um 1450, gest. 1533), wird 500 Jahre alt.

Im Oval von insgesamt 50 kleinen goldenen Rosen ist die Verkündigung der Geburt Christi an Maria durch den Engel Gabriel dargestellt. Der Engel beginnt zu sprechen: „Sei gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir!“ (Lukas 1,28) – dieser Gruß gibt dem Kunstwerk seinen Namen. Der Gruß des Engels – Engelsgruß. In regelmäßigen Abständen wurde und wird das berühmte Kunstwerk aus seiner luftigen Höhe von etwa sechs Metern über dem Boden aus dem Hallenchor von St. Lorenz herabgelassen, damit es gewartet und gepflegt werden kann. Unsere Restauratoren, Anja Maisel und Ingo Trüper, werden dies auch dieses Jahr im Vorfeld des Jubiläums wieder tun.

Am 1. Juli wird ein Reigen von verschiedenen Veranstaltungen mit dem Festgottesdienst um 10 Uhr in der Lorenzkirche eröffnet. Stadtdekan Dr. Jürgen Körnlein wird die Predigt halten; das Vokalensemble St. Lorenz unter Leitung von Lorenzkantor Matthias Ank singt im Gottesdienst. Einiges an Marienliteratur wird dabei erklingen. Herzliche Einladung!

Kommen Sie dann gerne auch mal untertags vorbei in der Lorenzkirche. Denn da werden Sie die Gelegenheit haben, dieses Kunstwerk ganz aus der Nähe zu sehen. Seine Faszination hat es seit 500 Jahren nicht eingebüßt. 10 Gründe, warum ich Ihnen empfehle, es sich anzusehen:

 

1. „Wie groß die Figuren sind!“

Sie werden staunen. Über 2,10 m groß sind die Skulpturen von Maria und Gabriel in der Mitte des Ovals.

 

2. Die Füße des Gabriel

Nackte Füße des Erzengels; ein bisschen
erinnern sie auch an die Füße eines alten
Menschen.

 

3. Die Lichtreflexe in Gabriels Augen

Nirgends anders als hier, im Hallenchor der Lorenzkirche, sollte das Kunstwerk aufgehängt sein. Denn in Gabriels Augen spiegeln sich die Obergadenfenster des lichten Raumes.

 

4. Marias fallendes Buch

Es fällt und fällt, seit 500 Jahren. Eine der vielen verblüffenden „Momentaufnahmen“ des genialen Bildschnitzers Veit Stoß.

 

5. Die Schellen des „Trägerengels“

Eine kleine, rollende Kugel darin lässt die Krallenschellen zu echten, hölzernen Instrumenten werden.

 

6. Zierliche kleine Engel, einmal ganz nah

Über den Köpfen der Mittelfiguren schweben sie. Mit ihrem Feder- oder Fellkleid sind sie ebenfalls Überbringer der Freude: Gott wird als Mensch geboren. Maria wird die Mutter Jesu werden.

 

7. Applizierte Sterne

Auf der Rückseite der Medaillons zu entdecken, klein, unterhalb von Sonne und Mond.

 

8. Fassung und Farbe

Gelüstertes Gold, schillerndes Rot, mattes Blau und noch viele andere Farbnuancen und raffinierte Facetten sind auf den Gewändern und in den Flügeln der Engel zu sehen.

 

9. Marias Grübchen

So jung und schön ist sie dargestellt! Auch in ihrem Schreck über den Besuch des Engels sind doch ihre Grübchen gut zu erkennen.

 

10. Der Trägerengel Freude, die ansteckt. Ein kleiner, starker Engel, der die beiden Figuren auf seinen Armen und Flügeln trägt; hinein in den Innenraum der Lorenzkirche. Sein Lachen zeigt, dass es ihm eine Freude ist, dies zu tun.
Dies und vieles mehr werden Sie entdecken können. Und Sie werden – mitten im hohen Sommer – etwas mitbekommen von dem Wunder der Menschwerdung Gottes.

Am 17. Juli um 17 Uhr wird das Kunstwerk wieder unter den Augen aller anwesenden Gäste hochgezogen – genau 500 Jahre nachdem der Stifter Anton Tucher dies zum ersten Mal veranlasst hatte. Aus seinen Haushaltsbüchern geht das Datum des ersten Aufziehens hervor: 17. Juli 1518.

 

Text: Susanne Bammessel

Fotos: Thomas Bachmann