Pilgerforum
Pilgerforum Auf geht´s
Aufbrechen, laufen, loslassen

Sie griff wieder nach ihrer Teetasse und erinnerte sich erst, dass der Tee schon kalt war, als sie den Schluck schon im Mund hatte. Sie hätte Harold gern gefragt, ob Pilger immer auch ihre Frauen loslassen, aber sie tat es nicht. Sie zwang sich wieder, eines jener vergnügten Gesichter aufzusetzen, die so weh tun, und dann sah sie zum Fenster hinaus, wo Harolds Hund noch immer wartete.“

(aus Rachel Joyce, Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry).

Das Schöne an der Pilgerreise von Harold ist, dass er sie nicht geplant hat. Er will eigentlich nur einen Brief zum Briefkasten bringen und läuft dann über 1000 km quer durchs Land. Doch dann hat er ein neues Ziel, Queenie. Sie hatte ihm kurz zuvor einen Abschiedsbrief geschrieben, weil sie im Sterben liegt. Harold will sie unbedingt noch einmal sehen, mit ihr reden und ihr vor allem danken. Am Anfang des Weges benutzt Harold seine Kreditkarte und schläft in Hotels. Doch dann gibt er das auf. Lässt Stück für Stück los, schläft in Gottes freier Natur, ernährt sich von Beeren und wozu er eingeladen wird. Es ist ein ungeplantes Loslassen.

Ohne Plan geht heute kein Pilger los. Für sie gibt es in der Zwischenzeit zahllose Ratgeber für das, was einzupacken ist und das, was man getrost zuhause lassen darf. Es gibt eine Packliste und eine kg Angabe, wieviel man in Abhängigkeit vom eigenen Körpergewicht höchstens tragen soll. Daneben haben viele Pilger bewusst und auch unbewusst eine innere Liste mit Ereignissen, die sie bearbeiten, Gefühlen, die sie loslassen, Erinnerungen, die sie ablegen, Beziehungen, die sie bereinigen wollen. Jedoch funktioniert keine einzige Pilgerreise wie eine Therapie. Man nimmt nicht Themen mit und bearbeitet sie exakt, sondern der Weg (und das ist tatsächlich so) gibt einem nach einigen Tagen das Thema vor. „Das wusste ich anfangs nicht!“, sagt Harold. Das wissen die wenigsten Pilger. Doch am Ende sind alle überrascht, was sie alles losgelassen haben.

Planlos loslassen: Allein die Vorstellung jagt dem einen oder anderen eine Gänsehaut über den Rücken. Aber nur so kann doch Raum entstehen für das, was Gott einem schenken will. Also „Fürchtet euch nicht!“.

Text & Fotos: Simone Hahn

Pilgerforum Auf geht´s

Programm:

Freitag, 18. Oktober
19 Uhr Buchvorstellung
von Michael Kaminski
Anschließend gemeinsamer Gedankenaustausch

Samstag, 19. Oktober
11 Uhr Gottesdienst
12–16 Uhr Messebetrieb an den Ständen in den Gemeinderäumen

Folgende Vorträge und Workshops sind in der Zeit von 12.15 bis 16 Uhr geplant:          

Einstieg ins Pilgern, Qualifikation Pilgerbegleiter, Rucksack Packen, Schweizer Pilgerzentrum, Pilgerzentrum Nürnberg, Pilgern mit Trauernden, Samstagspilgern, Berg-Spiritualität, Radpilgern, Pilgern in Israel

16 Uhr Spiritueller Abschluss