500 Jahre Reformation in Nürnberg
Buchstäblich einmalig

Nürnberg wird evangelisch – das kam vor genau 500 Jahren nicht über Nacht. Schon 1524 hatten die Pröpste von St. Sebald und St. Lorenz begonnen, die Gottesdienste behutsam zu reformieren. Die Menschen sollten verstehen, worum es geht. Deshalb kam die deutsche Sprache auch in der Liturgie zum Zug. Das Abendmahl empfingen nun auch Laien „in beiderlei Gestalt“, also mit Brot und Wein. Für die entscheidende Weichenstellung aber sorgte das Religionsgespräch im März 1525. Daran erinnern in diesem Jahr verschiedene Veranstaltungen (siehe nebenstehenden Beitrag). Wesentliche Dokumente und Quellen sind in diesem Jubiläumsjahr allerdings nur ein einziges Mal zu bestaunen: am 20. März im Sophiensaal des Lorenzer Pfarrhofs. Dort präsentiert Christian Kruse, der leitende Direktor des Nürnberger Staatsarchivs, in der Reihe „Drei um Drei“ ab 15 Uhr zentrale Urkunden zur Einführung der Reformation in der alten Reichsstadt. Und nur zu diesem besonderen Anlass wird ausnahmsweise schon vorher verraten, worum es geht – während es bei allen anderen Terminen stets auch um die Überraschung geht. Allerdings: Die Top-Dokumente zu dem Schlüsselereignis in der Stadtgeschichte sind verloren. „Der Rat wusste, was auf dem Spiel steht, deshalb waren gleich drei Protokollanten im Einsatz“, erklärt Kruse. Los ging’s am 4. März. Aber all ihre Niederschriften sind verloren oder mindestens verschollen. Dabei müssen sie sehr wohl lange aufbewahrt worden sein. Eines der Protokolle, weiß man aus Überlieferungen, wurde beispielsweise noch im 18. Jahrhundert benutzt. Und vermutlich gab es schon 1725 eine Art Gedenken an die Einführung der Reformation 200 Jahre zuvor. Trotzdem gibt es aussagekräftige, wenn auch optisch weniger spektakuläre Quellen. Einige davon werden am 20. März im Original vorgestellt. „So können wir konkret und anschaulich nachvollziehen, was sich zugetragen hat“, sagt Kruse. Zum Beispiel wurden sämtliche Entscheidungen des Rats in so genannten Ratsverlässen festgehalten. Und in Ratschlagsbüchern wurden auch längere Abhandlungen aufgenommen, zum Beispiel vom einflussreichen Ratsschreiber Lazarus Spengler. Daneben haben sich rückblickende Darstellungen aus katholischer Sicht erhalten. Und schließlich lassen sich aus Notizen alle Schritte der Vorbereitungen rekonstruieren. „Es gibt sogar Anwesenheitslisten. Man weiß genau, wer wo gesessen hat“, erläutert der Archiv-Chef. Um die gegensätzlichen Positionen möglichst deutlich werden zu lassen, hatte der Rat den eingeladenen Theologen zwölf Fragen vorgegeben, die sie beantworten sollten. Etwa nach der Bedeutung von guten Werken zur Erlangung des Seelenheils oder der Rolle der göttlichen Gnade, auf die es nach Luther allein ankam. Dabei hatte es die Stadtobrigkeit mit der Anhörung und der späteren Entscheidung vor allem auf einheitliche Gottesdienste in der gesamten Stadt abgesehen und auf die Vermeidung von Religionsstreitigkeiten. Ihre Entschlossenheit bekam als einer der ersten der Wortführer der „Papisten“ zu spüren: Andreas Stoß, Bruder des berühmten Bildschnitzers und Prior des Karmelitenklosters. Die Vertreter der Bettelorden hatten besonders heftig gegen Änderungen polemisiert. So wurde Stoß der Stadt verwiesen. Der Rat gestand ihm eine Frist von nur drei Tagen zu, Nürnberg den Rücken zu kehren.

Text: Wolfgang Heilig-Achneck
Foto: Christian Kruse