Cityreformation damals
Eine Nonne mit Stehvermögen
Caritas Pirckheimer

Reformation heute? Impulsfrage:
An welchen Stellen nehme ich wahr, dass man auch unbequem sein
muss, um für seine Überzeugungen einzustehen?
Nonne zu werden – das war in Caritas Pirckheimers Familie nichts besonderes. Neben ihr, die 1467 als erstes von insgesamt zwölf Kindern geboren wurde, schlugen auch sechs ihrer Schwestern und drei ihrer vier Nichten den Weg ins Kloster ein.

Im Klarissenkonvent, dem sie 1479 beitrat, lebte sie deshalb nicht nur mit Töchtern anderer Nürnberger Familien der Oberschicht zusammen, sondern auch mit eigenen Verwandten.

Besonders aber war die Art und Weise, in der Caritas Pirckheimer ihr Leben als Ordensfrau führte: neben kirchlicher Lehre und klösterlicher Spiritualität galt ihr Interesse auch philosophischer und humanistischer Literatur sowie den antiken Sprachen. In der Bibliothek des Klarissenkonventes lassen sich bis heute Neuerscheinungen des damaligen Buchmarktes nachweisen, die Anmerkungen von Caritas Pirckheimers Hand tragen und zeigen, wie intensiv sie durch die Nonne gelesen wurden. Caritas Pirckheimers Ruf als außergewöhnlich gelehrte Frau reichte deshalb weit über die Nürnberger Stadtgrenzen hinaus. Darauf weist neben anderem ein Gedicht hin, das der „Erzhumanist“ Conrad Celtis 1502 über die „Jungfrau, hervorragend geschult in der römischen Sprache … Schwester, der Dichtkunst … würdig“ verfasste.
Ihre Frömmigkeit, ihre hohe Bildung und ihr praktisches Organisationstalent sorgten dafür, dass Caritas Pirckheimer 1503 zur Äbtissin ihres Konventes gewählt wurde. Durch dieses Amt war sie für das geistliche Leben, aber auch für wirtschaftliche Belange und die Vertretung ihres Klosters nach außen zuständig.

Dank ihrer umfangreichen Korrespondenz ahnte sie bereits zu Beginn der 20er Jahre, wie bedrohlich der neue Glaube, der auch in Nürnberg Fuß zu fassen begann, für die Klöster werden konnte. Im Anschluss an das Religionsgespräch 1525 wurden sie und ihre Nonnen immer stärker unter Druck gesetzt, den Ordensgelübden zu entsagen und ihre bisherige Lebensform aufzugeben. Die Äbtissin widersetzte sich dieser Forderung des Rates und auch den evangelischen Predigern der Stadt, die ab dem Frühling 1525 gegen den Willen der Nonnen im Klarakloster predigten, um diese vom reformatorischen Glauben zu überzeugen. Erst im Anschluss an ein Gespräch, das sie im Herbst des Jahres mit Philipp Melanthon führte, lenkte der Rat wieder ein: Er gestattete den Klarissen, weiterhin nach ihrer Ordensregel zu leben, allerdings mussten die Nonnen erhebliche Einschränkungen hinnehmen. Am empfindlichsten traf sie dabei das Verbot, weitere Schwestern in ihrem Konvent aufzunehmen. Dies war gleichbedeutend mit einem langsamen Aussterben des Klosters, das 1596 nach dem Tod der letzten Nonne aufgelöst wurde.

Seit der Einführung der Reformation galt Caritas Pirckheimer in Nürnberg deshalb für die einen als eine Art „Stachel im Fleisch“ der Reformation, für die anderen als überaus respektable Vertreterin einer Glaubens- und Lebensform, deren Tage gezählt schienen.

Wie hoch man auf evangelischer Seite ihr Stehvermögen einschätzte, wird in einem Gutachten deutlich, das der Sebalder Prediger Dominikus Schleupner im Auftrag des Rates abfasste. Dort rät er, die Äbtissin des Klarissenklosters mit allen Mitteln zum Verlassen ihres Konvents und der Stadt zu bewegen, da ihre Anwesenheit in Nürnberg und ihr umfangreicher Briefwechsel mit anderen Klöstern und Theologen eine ernsthafte Gefahr für die Reformation darstelle.

Text: Petra Seegets
Bild: Wikipedia