Gesellschaft
Das Glück vom einfachen Leben
Das Glück vom einfachen Leben

Ich habe mir gut überlegt, wofür ich Geld, mein Geld, einsetze. Was bei mir bleiben darf und was gehen muss. Ich habe unnötige Ausgaben gestrichen, Abonnements gekündigt und Spontan- und damit oft Fehlkäufe minimiert.

Ich habe mich darauf konzentriert, zu genießen, was schon da ist und zu schätzen, was sich mir zeigt.

Und dabei habe ich mir alles gegönnt, was mir wirklich Freude bereitet. Wie zum Beispiel gutes und gesundes Essen und meine Reisen.

Ich bin verblüfft, welche Auswirkungen diese Haltung hat:

1. Ich habe mehr Zeit, da ich mich um weniger Dinge kümmern muss. Denn diese wollen eingekauft, unterhalten und dann wieder entsorgt werden.

2. Ich habe mehr Geld, um mir Wünsche zu erfüllen, die ich mir vorher nicht leisten konnte.

3. Mehr Geld bedeutet für mich mehr Sicherheit und weniger Angst. Mehr Freiheit.

4. Mein Leben ist einfacher geworden, weil ich gelernt habe, klarer auszuwählen, was mir die Mühe wert ist und was nicht.

Oder, um es mit den Worten von José Mujica zu sagen: „Wir haben Berge von überflüssigem Bedarf angehäuft. Ständig müssen wir kaufen, wegwerfen, kaufen. (…) Es ist unser Leben, das wir verschwenden. Denn wenn wir etwas kaufen, bezahlen wir nicht mit Geld. Wir bezahlen mit unserer Lebenszeit, die wir aufwenden mussten, um dieses Geld zu verdienen. Der Unterschied ist: Leben läßt sich nicht kaufen. Es vergeht einfach.

Und es ist schrecklich, dein Leben zu verschwenden, indem du deine Freiheit verlierst.“

Der Schlüssel zu mehr Unabhängigkeit ist der bewusste Umgang mit Geld.

Es geht um Ziele, Fokus und die Definition von Werten.

Es geht nicht um Verzicht.

Was ist wichtig? Willst du das wirklich? Was belastet dich vielleicht sogar? Wann ist genug?

In den Worten von José Mujica klingt das so:

„Ich bin nicht arm. Vielmehr ist derjenige arm, der nur arbeitet, um ein aufwendiges Leben zu führen und stets nach noch mehr strebt.“

Zeit ist unsere Währung – nicht Geld.

Bewusst erlebte Lebenszeit ist ein Geschenk, mit dem wir sorgsam umgehen sollten. Ich genieße meine Freiheit – und kann mir nur schwer vorstellen, sie zu Gunsten von mehr Konsum aufzugeben. Nur durch diese Freiheit ist es mir möglich zu schreiben und andere lang gehegten Wünsche und Projekte anzugehen.

„Um zu leben, braucht man Freiheit. Und um Freiheit zu haben, braucht man Zeit. Wenn ich mich um ein großes Haus kümmern muss, um dieses und jenes, dann bleibt mir doch keine Zeit mehr. Ich bevorzuge, so viel Zeit wie möglich zu haben, um das zu tun, was mir gefällt.

Und das ist die Freiheit. Ich lebe so schlicht, um Zeit zu haben.“

Das Leben bietet so viel. Manchmal machen mich all die Möglichkeiten ganz verrückt.

Termine, Aufgaben, Verantwortung.

Freunde, Chancen, Pläne.

Oftmals sitze ich da, schaue Löcher in den Himmel und sehne ich mich nach einem einfachen Leben.

Aber was ist ein einfaches Leben?

Ich sehe immer wieder Berichte über Menschen, die völlig abgeschieden in der Natur leben, sich selbst versorgen.

Sehr faszinierend – aber das ist nicht die Einfachheit, die ich meine.

Ich könnte und wollte so nicht leben. Zumindest nicht längerfristig.

Für mich bedeutet Einfachheit: Raum und Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben zu haben.

Für all das, was ich gerne mache und für die Menschen, die mir nahe stehen.

Und so versuche ich, alles andere so weit wie möglich aus meinem Leben zu verbannen.

Und ehrlich: das ist nicht ganz einfach.

Ich strebe nach einem Leben, das nicht mit Aufgaben, Terminen und Projekten überladen

ist und das mich in seiner Fülle nicht völlig überfordert.

Ein Leben, das friedlich und freundlich ist und

vielleicht auch ein bisschen langsamer.

Ich versuche, meine Ressourcen zu schonen und weder Zeit noch Geld zu verschwenden. Das gelingt nicht immer – aber grundsätzlich suche ich nach Wegen, das Leben zu genießen, ohne der Erfüllung im Außen nachzujagen.

Und dann erlebe ich diese wertvollen Momente und spüre sie: die Gewissheit, dass der wahre Reichtum in meinem Inneren liegt.

In solchen Situationen erlebe ich die Reduktion nicht als Mangel und kann mir – ganz undogmatisch – all das gönnen, was mir das Leben schenkt.

Was Menschen zu einem solchen einfachen Leben motiviert, kann ganz verschiedene Gründe haben.

– Minimalismus: In den Medien werden Menschen gezeigt, die weniger als 100 Dinge besitzen und die neu gewonnene Freiheit und Unabhängigkeit feiern. In der Diskussion spielt die

Reduktion von materiellen Gütern eine vorrangige Rolle. Wollen Sie Ihren Besitz optimieren?

Aufräumen, ausmisten, endlich wegwerfen?

Oder finden Sie es spannend herauszufinden, wie viel man tatsächlich braucht?

– Zeit: Ist es Ihnen wichtig, den Tagesablauf zu entrümpeln? Die Anzahl der Termine zu reduzieren, Freizeitstress abzubauen und endlich wieder mehr Zeit zu haben? Um sich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren und Muße entwickeln?

– Nachhaltigkeit: Vielleicht liegt Ihr Hauptinteresse auf dem Umgang mit den Ressourcen unserer Welt? Sie wollen einen persönlichen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten?

Wer seine Hauptmotivation kennt, hat bereits einen großen Schritt getan.

Wenn man eine Veränderung nach der anderen angeht, kann man wirklich viel bewirken.

Sie werden erstaunt sein, wie viel mehr Lebensqualität Ihnen das bringen wird.

Text: Hannah Sabine Wagner, Innenarchitektin und Autorin, zenplaces.de und gesthaltung.de
Artikelfoto: iStockphoto.com