Innenstadt
Corona-Sonderseiten
Das seltsamste Osterfest seit Langem

Stärker als zu normalen Zeiten ist mir in den vergangenen Wochen aufgefallen, wie sich die Gemeinden des Innenstadtverbundes bemühten, zu den Menschen vorzudringen. Da fielen mir Osterkerzen auf, Türschwellen ins Auge, ich hörte von bewegenden Seelsorgegesprächen und neuen Online-Formaten. Wir alle fühlten uns gerufen, kreativ auf die Herausforderungen dieser schwierigen Zeit zu reagieren.

St. Jakob

Am 15. März fand der letzte gemeinsame Gottesdienst vor den Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus in St. Jakob statt.

Die Kirche ist seitdem von 9 bis 18 Uhr (sonntags bis 17 Uhr) geöffnet. Jeden Tag um 12 Uhr und um 18 Uhr wurden die Glocken geläutet, sonntags um 10 Uhr. Werktags um 12 Uhr und sonntags um 10 Uhr gab es eine Stunde Orgelmusik von CD zu hören.

Wer den Kirchraum von St. Jakob betrat, fand auf einem Tisch vor dem Altar einen Blütenzweig, eine brennende Kerze sowie die Einladung, eine Kerze anzuzünden, ein Gebet an die Wand zu hängen oder eines der ausgelegten Gebete mitzunehmen. Zudem konnte,  wer mochte, eine der Postkarten mitnehmen, auf denen steht: „You´ll never walk alone“, „Fürchte Dich nicht“ oder „Don’t worry“.

An Ostern wurde St. Jakob dann zur Osterkirche:

Der Hauptaltar stand offen, so wurden die Bilder vom auferstandenen Christus sichtbar. Dazu gab es einen kleinen Text.

Auf dem Altar standen Osterglocken und Osterkerzen zum Mitnehmen bereit. So konnten viele Menschen gelbe Blüten und brennende Lichter, an der Osterkerze entzündet, mit nach Hause nehmen:
Osterfreude zu Corona-Zeiten.

Die „Offene Tür“ war immer präsent. Die meisten Gespräche wurden am Telefon geführt. Aber es waren auch persönliche Gespräche möglich. Manche Menschen waren in dieser außergewöhnlichen Situation einfach froh, wenn sie einen Menschen als Gegenüber hatten.

Das bedeutet, dass die Mitarbeiter*innen jeden Nachmittag mindestens drei Gespräche führten.

Text: Miriam Fischer
Artikelfotos: privat

St. Lorenz

Vielleicht ist Ihnen unser ungewöhnlich knalliges Portal aufgefallen: „Jetzt erst recht“, dachten wir uns. Was wir unter normalen Umständen sicher nicht so aufwendig gemacht hätten: Wir wollten einen Ostergruß in wenigaen Worten in die Stadt hinausrufen, und der leuchtete Tag und Nacht. Die Lorenzkirche war die ganzen letzten Wochen geöffnet — über die normalen Öffnungszeiten hinaus. Zu den üblichen Gottesdienstzeiten (und auch sonst sehr oft) konnten Sie einem/r Pfarrer*in begegnen, manchmal auch im Talar auf der Bank vor der Tür. Unsere Glocken klangen laut und oft und wir haben von vielen gehört, wie sehr sie das getröstet hätte. Die Hauptamtlichen segneten am Ostermorgen Stadt und Region von den Türmen aus, bevor es

um zehn vor der Tür Osterkarten, Osterkerzen und Schokoladeneier mitzunehmen gab. In der Osternacht leuchteten kleine Osterkerzen auf dem Abendmahlstisch, die im Internet bestellt werden konnten.

Was unsere Energie wahrscheinlich am Stärksten bündelte, war der Versuch, gleich von Anfang an eine tägliche Kurzandacht und einen Sonntagsimpuls im Internet verfügbar zu machen. Das war spannend und ein intensiver Lernprozess. Wir sind glücklich, es mit Unterstützung der Innenstadtgemeinden hinbekommen zu haben. Ein immer

größer werdender Kreis von Zuschauer*innen meldet uns bis heute täglich zurück, wie dankbar sie für dieses Angebot seien und wir sind glücklich, dass die Lorenzkirche so einen markanten Mosaikstein zum bunten Bild der Nürnberger evangelischen Kirche in diesem Krisen-Ostern beitragen konnte.

Text: Jan Martin Depner
Artikelfotos: privat

St. Egidien und St. Sebald

Mit Beginn des Corona-Lockdowns war es untersagt, in den Kirchen Gottesdienste zu feiern. Deshalb wurde schnell entschieden, dass  die beiden Gotteshäuser in der nördlichen Altstadt  für Besucher*innen  tagsüber  geöffnet bleiben, aber nur zur  Meditation und zum stillen Gebet. Um die Gemeindemitglieder zu Hause mit der Botschaft des Evangeliums – gerade in der Passions- und Osterzeit – zu erreichen, wurden aus St. Sebald oder St. Egidien im März und April täglich geistliche Videoimpulse zum Läuten der 15-Uhr-Glocke live ins Internet übertragen, anfangs nur auf Facebook, später auch auf „YouTube“ und der Internetseite sebalduskirche-aktuell.de. Sonntags um 10 Uhr sind auch kurze Gottesdienste ins Internet gestreamt worden.

Höhepunkte der Übertragungen an den Ostertagen waren der Karfreitags-Kreuzweg zu Stationen an der Sebalduskirche mit Regionalbischof Stefan Ark Nitsche und die Feier des  Ostermorgens mit  Regionalbischöfin  Elisabeth  Hann  von  Weyhern live um 6 Uhr. Bei dieser Gelegenheit sind die Zuschauer*innen zu Hause eingeladen worden, sich tagsüber in der Sebalduskirche kleine Osterkerzen abzuholen. Ebenso sind 300 brennende Osterkerzen für Senior*innen mit einem Ostergruß an deren Haustüre getragen worden.

Die Kulturkirche St. Egidien ist mit „Church-Clubbing“ aufgefallen: In der Nacht zum Ostersonntag und am langen Wochenende Anfang Mai haben angesagte Disc-Jockeys der Nürnberger Clubszene Musik aus den Kapellen übertragen. In den Pausen hat Kulturpfarrer Thomas Zeitler geistliche Impulse gelesen oder am Ostermorgen die große Osterkerze angezündet. Diese Veranstaltungen haben vor allem junge Menschen angesprochen. Zugleich war es eine Unterstützung der jungen Kulturszene.

Auch wenn es unter Einschränkungen jetzt wieder möglich ist, an den Gottesdiensten in den Kirchen teilzunehmen, werden St. Egidien und St. Sebald auch weiterhin mit ihren geistlichen und kirchenmusikalischen Angeboten im Internet präsent sein, sonntags live um 10 Uhr. Das ist eine der positiven Folgen aus der Corona-Krise.

Info: Aktuelle Informationen über Gottesdienste, Andachten und Termine finden Sie unter sebalduskirche.de

Text und Artikelfotos: Paul Schremser

Telefonseelsorge Nürnberg


Vom Wunsch,
nicht alleine zu sein

Über 300 Anrufer*innen haben in den ersten vier Wochen seit Mitte März die Nummer des Seelsorge-Telefons gewählt, die das Nürnberger Dekanat bis 1. Juni angeboten hat. Rund 50 Seelsorger*innen hatten sich bereit erklärt, täglich zwischen 9 und 17 Uhr ein offenes Ohr für die Anliegen der Menschen zu haben.

Pfarrerin Barbara Hauck, die auch die Cityseelsorge „Offene Tür“ an St. Jakob leitet, hat die Dienste am Telefon koordiniert. Auf Anfrage der Citykirche erklärt sie: „In den Telefongesprächen ging es oft um Einsamkeit, die Sehnsucht nach sozialen Kontakten und den großen Wunsch, sich mit jemand auszutauschen.“ Als Beispiele nennt sie Menschen in Alten- und Pflegeheimen und die Angehörigen Pflegebedürftiger, die unter den Kontaktbeschränkungen gelitten hätten.

Oft sei es in den Gesprächen um Auseinandersetzungen mit Eltern oder Partnern gegangen, aber auch um Schwierigkeiten mit Vermietern und Ärger mit Ämtern. „Das Virus ist für viele eine unsichtbare Bedrohung, die nur schwer auszuhalten ist“, hat Hauck erfahren. „Die kursierenden Verschwörungstheorien machen zusätzlich Angst.“ Häufig seien auch die Trauer um Verstorbene und die Teilnahmebeschränkungen bei Bestattungen ein Thema gewesen.

Doch die Theologin weiß auch von Menschen, die angerufen haben, „weil sie sich bedanken wollten, dass die Kirchen gerade in dieser Situation präsent sind.“

Text: Paul Schremser
Artikelfotos: Madame Privé und privat

Obdachlosenfrühstück to go

Menschen, die ohne Obdach oder in Armut leben, sind von der Corona-Pandemie besonders betroffen. Neben vielen anderen Einschränkungen war es seit März nicht mehr möglich, sonntags das Obdachlosenfrühstück der Innenstadtgemeinden anzubieten. Seither organisiert die Rummelsberger Diakonin Ute Kollewe mit vielen Ehrenamtlichen ein „Obdachlosenfrühstück to go“.

Jeden Freitag werden im „Haus eckstein“ etwa 120 Tüten gepackt mit Wurst, Käse, Brot, frischem Gemüse, Kaffee, Schokolade und Konserven. Die Lebensmittel sind gespendet oder von Geldspenden der Gemeinden gekauft worden.

„Wenn wir nichts tun würden“, sagt Kollewe, „dann haben die Bedürftigen nichts zu essen.“ Denn neben den Tafeln hat freitags  auch die Wärmestube von Stadtmission und Caritas geschlossen. Mit einem Lastenaufzug kommen die Lebensmitteltüten aus dem ersten Stock des „eckstein-Hauses“ an die Bedürftigen – unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln.

Text: Paul Schremser
Artikelfoto: Oliver Thumann