Gesellschaft
Engel
Engel – sowohl „in“ als auch „out“
Gertrude Powys als Engel in der Aufführung:"The Angel in the pantomime Sleeping Beauty" im Theatre Royal (Sydney 1886).

In der Popkultur sind sie ebenfalls zu Hause, z. B. im Horrorfilm „God’s Army – Die letzte Schlacht“ von 1995 mit Christopher Walken, aber auch im Liebesfilm, so etwa in „Stadt der Engel“ von 1998 mit Nicolas Cage und Meg Ryan in den Hauptrollen. Sogar in der Komödie haben Engel ihren Einsatz, so z. B. in „Michael“ von 1996 mit John Travolta und Andie MacDowell.

Weiterhin spielen Engel auch im sogenannten esoterischen Christentum eine wichtige Rolle, das sich für Vorstellungen und Praktiken der Esoterik bewusst öffnet. Nicht zuletzt sind Engel auch in der Kirche wichtig, etwa bei Taufen, Konfirmationen, Trauungen und Bestattungen. Kaum ein Taufgespräch, bei dem sich die Eltern als Taufspruch nicht Psalm 91,11+12 wünschen – meist ohne zu wissen, dass es sich dabei um einen Kriegspsalm handelt, der eigentlich auf die Gefahren auf dem Schlachtfeld eingeht und von Hunger, Seuchen, Pfeilen und dem Grauen der Nacht handelt. Angesichts dieser Vielfältigkeit lässt sich verstehen, warum das Wort „Engel“ aus weltanschaulicher Sicht ein sogenannter „Containerbegriff“ ist: Jede oder jeder kann hineinlegen, was sie oder er darin sieht. Dass Engel angeblich auf uns Menschen aufpassen sollen und dass sie irgendwie spirituell sind, ohne auf eine organisierte Religion festgelegt zu sein, macht sie umso beliebter.

Zugleich sind viele traditionelle christliche Vorstellungen von Engeln – etwa als jene Wesen, deren wichtigste Aufgabe darin besteht, Gott zu loben – heute total „out“. Traditionelle Engelsvorstellungen werden heute also wie eine Art Steinbruch verwendet: Man schlägt hier oder da ein Stück davon ab, bedient sich, vermischt und kombiniert neu und gibt weiter, was der eigenen Vorstellung entspricht.

Dabei lässt sich feststellen, dass Engel oft einfach Projektionen unserer menschlichen Sehnsüchte und Hoffnungen sind: Engel sind sozusagen die besseren Menschen. Wir Menschen sind manchmal schwach, krank und unglücklich – Engel sind hingegen immer stark, strahlend und hell. Engel sind eben so, wie wir selbst es in einer Leistungsgesellschaft gerne wären.

So gesehen haben die Engel in unruhigen Zeiten wie den unseren immer auch die Aufgabe, verunsicherte Menschen zu beruhigen. Deshalb ist es in der kirchlichen Weltanschauungsarbeit so wichtig, Kriterien zu benennen, um Geister und Engel voneinander zu unterscheiden.

 

Text: Haringke Fugmann

Foto: J. T. Gorus, privat

ÜBER DEN AUTOR:

Kirchenrat PD Dr. theol. habil. Haringke Fugmann ist Landeskirchlicher Beauftragter für religiöse und geistige Strömungen der Evang.-Luth. Kirche in Bayern.

SYMPOSIUM:

„Engel – sind auch nicht mehr das, was sie mal waren“

23. bis 25. April 2018

Seit einigen Jahren scheinen Engel omnipräsent zu sein: Sie bevölkern in Massen die Lebenshilfeliteratur, tauchen immer selbstbewusster in Kasualgesprächen auf und versprechen im esoterischen Kontext Schutz, Heilung und Erfolg.

Welche Bedeutung hatten und haben Engel bis heute in Christentum, Judentum und Islam? Wie wurden sie in der Kirchengeschichte behandelt und wie werden sie heute in der Kunst dargestellt? Was haben Systematische Theologie (man denke an Karl Barths Angelologie) und Seelsorge zu Engeln und Engelserscheinungen zu sagen? Das Symposium bietet die Möglichkeit, sich durch wissenschaftliche Vorträge und Fachdiskussionen eine differenzierte Meinung zu bilden und die eigene weltanschauliche und seelsorgerische Sprachfähigkeit zu verbessern.

Das Symposium findet im Evang. Tagungszentrum Bad Alexandersbad statt.

Informationen und Anmeldung unter: ebz-alexandersbad.de