Innenstadt
Jede Wahl zählt.
Große Rückenstärkung

Am 21. Oktober, nur eine Woche nach der Landtagswahl, werden die evangelischen Christen in Bayern erneut an die Urnen gerufen. Sie bestimmen über die Zusammensetzung der Kirchenvorstände in den kommenden sechs Jahren.

Die Zurückhaltung ist weit verbreitet: „Ich kenne die Kandidaten doch gar nicht, wie soll ich da wählen?“, geben viele Menschen zu bedenken, die sich zwar als Gläubige sehen und der Kirche zugehörig fühlen, aber wenig direkte Kontakte zu ihrer Ortsgemeinde haben. Nürnbergs Stadtdekan Jürgen Körnlein will aber auch und gerade sie ermuntern, ihre Scheu zu überwinden. „Sicher geben schon die Stichworte bei den Kandidatenporträts in den Wahlaufrufen und in den Gemeindeblättern wie in der Citykirche eine Orientierung und Hilfe“, sagt Körnlein. Zudem bieten öffentliche Vorstellungs- und Gesprächsrunden die Gelegenheit zum direkten Kontakt mit den Kandidatinnen und Kandidaten.

Dabei gilt, wie bei jeder Wahl: Je höher die Beteiligung, desto größer der Rückhalt des gewählten Gremiums, im Zweifel auch des einzelnen Kandidaten oder der Kandidatin und „ihrer“ Schwerpunkte und Themen. „Informieren Sie sich bitte, aber geben Sie ruhig auch mal Bewerbern, die Sie nicht kennen, eine Chance“, ermutigt Körnlein die Wählerinnen und Wähler. „Sie sind da auch nicht allein – kaum jemand kennt jeweils alle, die sich zur Wahl stellen.“ Gerade aus dem Glauben heraus sei das Wagnis möglich, „Menschen zu beauftragen, mich zu vertreten“.

Besonders wichtig sei allemal, eine gute Mischung zu erreichen: Junge und Ältere, Erfahrene und Neulinge, Gläubige, die von klein auf christlich geprägt sind, und andere, die einen distanzierteren Blick mitbringen – sie alle sollen und können ihren Platz finden und werden gebraucht. In Nürnberg ist „demokratisches Engagement“ mehr denn je gefragt. Zum einen angesichts des gesellschaftlichen Wandels, der auch den Gemeinden eher noch wachsende Herausforderungen beschert. Zum anderen, weil im großstädtischen, oft anonymen Umfeld die Beteiligung traditionell schwächer ist als auf dem Land – da gibt es also etwas „aufzuholen“. Schließlich verfolgen Beobachter von außen wie innerhalb der Kirche sehr genau, wo die Beteiligung höher oder schwächer ist – im Vergleich zu früheren Jahren, aber auch zu den Nachbarn und Gemeinden mit ähnlicher Struktur.

„Auch in Nürnberg stecken wir mit dem Prozess ‚Profil und Konzentration‘ und aus anderen Gründen mitten in einer spannenden Phase der Um- und Neuorientierung“, stellt Körnlein fest, „ da ist die Mitwirkung der Kirchenvorstände besonders gefragt. Schließlich entscheiden sie maßgeblich in allen Finanz- und Personalfragen.“ Gewiss ist der Gang zur Wahlurne dabei auch Ausdruck von Verantwortungsbewusstsein – oder von, altmodisch gesagt, Pflichtgefühl. „Selbst wenn es nur ein paar Kreuzchen sind, übernehme ich damit Verantwortung für meine Kirche und stärke sie auch als eine gesellschaftliche Kraft“, unterstreicht Körnlein. Zugleich sieht er es als idealen Anstoß nachzudenken und zu klären, was die Kirche ausmacht und mir auch ganz persönlich bedeutet. Und am Ende könnte vielleicht sogar ein Gefühl der Dankbarkeit genau dafür den letzten Anstoß geben, zur Wahl zu gehen – oder, ganz bequem, per Briefwahl mit abzustimmen.

 

Text: Wolfgang Heilig-Achneck