Interview
Interview mit Pfarrer Hannes Schott und Christine Mürau
Hilfe für Leib und Seele

Die Kirche als Rettungsanker: Menschen, die nicht mehr ein noch aus wissen, bitten immer wieder auch in Gemeinden um Unterstützung. Pfarrerinnen und Pfarrer konzentrieren sich freilich vor allem auf seelischen Beistand. 

Wenn es um materielle Nöte geht, sind Fachdienste die richtige Adresse, in Nürnberg vor allem die Kirchliche Allgemeine Sozialarbeit (KASA) unter dem Dach der Stadtmission. In St. Jakob wird die Beratung in die Gemeindearbeit integriert: 

Mit KASA-Leiterin Christine Mürau bestreitet Pfarrer Hannes Schott jede Woche eine gemeinsame, offene Sprechstunde. 

Wie lange gibt es das Angebot schon und wie läuft das? 

Hannes Schott: In unserem Pfarramt in der Breiten Gasse beraten wir jeden Dienstag von 14 bis 16 Uhr, außer an Feiertagen und in den Ferien. Meine Vorgängerin, Simone Hahn, und Joachim Urban, der damalige KASA-Leiter, haben das vor nun zehn Jahren begonnen. Aber als Jakober Institution ist die soziale Sprechstunde noch viel älter. Etabliert hat sie Pfarrer Helmut Weidinger als einen Eckpfeiler. 

Jede und jeder kann kommen?

HS: Ja, unser Angebot ist wirklich niedrigschwellig. Gedacht war es ursprünglich vor allem für Menschen aus unserer Gemeinde. Aber längst kommen auch Hilfsbedürftige aus anderen Stadtteilen. Anders als die „Offene Tür“ in unserer Kirche läuft die Sprechstunde im Pfarramt im 4. Stock. 

Aber neben den Treppen gibt es ja einen Aufzug. Bewährt hat sich ein zweistufiges Verfahren: Im ersten Schritt wird erfasst, wo das Problem liegt und welche Hilfen infrage  kommen oder nötig sind. Da ist die Fachkunde meiner Kollegin von der KASA gefragt. Dann komme ich ins Spiel. Manche wollen ihr Herz ausschütten, andere haben ganz praktische Nöte und hoffen auf eine kleine Unterstützung.

Was versuchen Sie vorher zu klären und was besprechen Sie mit den Klienten?

Christine Mürau: Natürlich frage ich, wo die Leute herkommen und wovon sie leben. Manchmal zeigt sich, dass die Menschen Sozialleistungen noch gar nicht beantragt haben, auf die sie eigentlich Anspruch hätten. Oder dass diese falsch berechnet wurden. Oder es wird ein ganz anderer Hilfebedarf deutlich, dann versuche ich, die Leute zum Beispiel zum Sozialpsychiatrischen Dienst, zur Schuldnerberatung oder zu Gerontopsychiatrischen Anlaufstellen zu vermitteln. Wenn es komplizierter wird, ist das aber in St. Jakob nicht an Ort und Stelle zu schaffen, dann vereinbaren wir einen Beratungstermin bei uns in der KASA in der Krellerstaße.

Warum kommen die Leute ganz konkret? Können Sie ein paar Beispiele nennen?

HS: Mal kommt jemand, weil er einfach eine Fahrkarte für den Nahverkehr benötigt. Mal stand eine Frau in der Tür, weit über 80 Jahre alt, und bat um ein paar Euro, um sich Kartoffeln kaufen zu können. Andere haben noch härtere Schicksalsschläge zu verkraften, das macht einen ziemlich demütig. Ob die Geschichten wirklich stimmen, die uns erzählt werden, können wir nicht immer nachprüfen. Aber ohne Not würde kaum einer zu uns kommen. 

Es gibt aber sicher Leute, die einfach permanent allzu knapp dran sind?

CM: Leider, ja. Zum Monatsende geht es manchmal zu wie im Taubenschlag, denn da haben manche fast nichts mehr in der Tasche. Zu den Dauerproblemen gehören hohe Mieten. Und unter denen, die zu uns kommen, sind nicht wenige von Altersarmut betroffen oder als Alleinerziehende extrem knapp dran. Dass aktuell in den Supermärkten vieles teurer geworden ist, trifft Menschen, die zu uns kommen, besonders hart. 

Wenn die Not auf der Hand liegt, kann St. Jakob auch mal mit kleinen Spenden helfen. Wie schafft die Gemeinde das?

HS: Das ist nur möglich, weil und solange unsere Gemeinde selbst Spenden dafür erhält. Es gibt Menschen, denen genau das wichtig ist, anderen unter die Arme zu greifen, die von Armut betroffen sind oder kaum über die Runden kommen. 

Manche spenden auch gezielt für unsere „offene Weihnacht“ oder „für wo am Nötigsten“. 

Genau das macht auch unsere Gemeinde aus: Im Verbund der Innenstadtgemeinden hat St. Jakob ja einen Schwerpunkt durch das diakonische Profil. Dazu gehört natürlich auch die Offene Tür als Beratungsangebot in der Kirche. Übrigens ist das keine Erfindung unserer Zeit. Das lässt sich zurückverfolgen bis zu den Deutschordensrittern, die hier einst ansässig waren und ein Herz für Bedürftige zeigten. 

Interview: Wolfgang Heilig-Achneck
Foto: privat