Innenstadt
Stadtmission Inklusionsgastronomie St. Lorenz
Inklusionsgastronomie im Lorenzer Pfarrhof
Freuen sich auf die Eröffnung und hoffentlich viele Gäste im „Laurentius“: Chefkoch Adrian Schmid (li.) und Restaurantleiter Panagiotis Kiriakidis.

Die Speise- und Getränkekarten sind schon fertig, aber wann sich hier wirklich die ersten Gäste stärken können, stand bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe immer noch nicht  fest: Im neu gestalteten Lorenzer Pfarrhof lädt künftig das „Laurentius“ zum Verweilen und als gemütlicher Treffpunkt zu Begegnungen ein. Das Team steht längst in den Startlöchern: In Küche und Service arbeiten hier künftig Seite an Seite Menschen ohne und mit einer Behinderung. Denn bei der Suche nach einem Betreiber entschieden sich die Landeskirche und die Kirchengemeinde für ein sogenanntes Inklusionsunternehmen, die Chancen Gastro gGmbH unter dem Dach der Nürnberger Stadtmission.

Dabei herrscht, nach den vielen Baustellenjahren, längst reges Leben in den sanierten und neu errichteten Gebäuden am südlichen Lorenzer Platz. Und doch ist immer noch nicht alles wirklich fertiggestellt: Während der Lorenzer Laden seine Kunden längst in ansprechenden Räumen versorgen kann, zogen sich etwa die Arbeiten für die Einrichtung im Bibelmuseum in die Länge. Die Gastronomie soll nun, so hoffen die Verantwortlichen, wenigstens noch vor Weihnachten ihren Betrieb aufnehmen können. 

Für enorme Verzögerungen haben hier vor allem Lieferprobleme bei der Inneneinrichtung gesorgt. Die Küche dagegen strahlt schon blitzblank und fertig installiert. „Doch eine voreilige Öffnung wäre zu riskant“, meint Geschäftsführer Carsten Speidel, „hier muss alles vom ersten Tag an funktionieren“.  Wenn es so weit ist, sollen die Gäste hier von 10 bis 20 Uhr bewirtet werden – nur am Sonntag bleibt das „Laurentius“ geschlossen, zumindest vorerst. Im Inneren stehen 50 Plätze zur Verfügung, im Freien in der warmen Jahreszeit weitere 35 Plätze. 

Das Inklusionsunternehmen besteht inzwischen im 30. Jahr und bietet Speisen und Getränke an fünf Standorten an. Prominenteste Gaststätte ist die Kantine im Nürnberger Rathaus. Insgesamt stehen bei Chancen Gastro rund 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Lohn und Brot, davon die Hälfte mit einer Behinderung. Dramatisch waren für alle die langen Lockdownphasen: Weil alle Kantinen geschlossen waren, mussten sich fast alle Mitarbeiter mit Kurzarbeit begnügen.

Mit dem „Laurentius“ wagt Chancen Gastro nun den Schritt von der Betriebsgastronomie zu einem neuen Konzept für ein breiteres Publikum. „Wir setzen auf eine Kombination aus fränkischer und orientalischer Küche, aber mit nahezu ausschließlich regionalen Produkten“, erläutert Chefkoch Adrian Schmid. Ein Brückenschlag zum benachbarten Bibelmuseum war dabei ein wesentlicher Anstoß. Denn dort ist unter anderem ein Buch mit alten Kochrezepten aus dem Orient zu bestaunen. Und natürlich spielen dabei typische Gewürze eine zentrale Rolle. Pfeffer, Kardamom, Muskatnuss und andere waren indes – vor allem dank des Fernhandels über Venedig – auch im alten Nürnberg schon bekannt. 

Regie im Team führt Panagiotis Kiriakidis, wie schon seit zwei Jahren im Rathaus-Treff, der mit dem „Laurentius“ in enger Abstimmung geführt werden soll. Wichtig ist dabei nicht zuletzt die langjährige Catering-Erfahrung, bietet das Team doch auch Bewirtungen für die im Haus angesiedelten Dienste und die Nutzer des Sophiensaals an. Durchaus aufregende, verschlungene und abwechslungsreiche Lebenswege prägen die Biografien der Mitarbeiter. Etwa von Robert Kleuckling, der sich vor allem um den Service kümmern wird. Der 53-Jährige ist eigentlich gelernter Handschuhmacher, musste irgendwann aber umsatteln und kam vor zweieinhalb Jahren zur Chancen Gastro. „Am Anfang war ich vielleicht noch etwas schüchtern“, gesteht er, „aber mir macht der Umgang mit den Leuten einfach viel Freude“. 

Ganz typisch dürfte das Schicksal von Gabriele Käpplinger sein: Wegen einer schweren Sehbehinderung hatte sie lange große Mühe, überhaupt eine Anstellung zu finden. Über das Arbeitsamt erhielt sie schließlich den Kontakt zu Chancen Gastro. Um sie gut beschäftigen zu können, mussten damals, vor bald 20 Jahren, bestimmte Utensilien neu beschafft werden – damit Gabriele Käpplinger sie erkennen und damit umgehen konnte. „Meine damalige Chefin war erst nicht begeistert“, erinnert sie sich, „aber so ist alles leichter geworden. Und ich bin bis heute gerne dabei.“ 

Text: Wolfgang Heilig-Achneck
Artikelfoto: Bozada/Stadtmission Nürnberg