Titelthema
Mit der Seele hören
Mit der Seele hören

„Diese Gottesdienstreihe ist ein spirituell-psychologisches Erlebnis. Sprache und Klang bringen meine eigene Lebenserfahrung in Resonanz. Eine theo-philosophische Auslegung bestehender Bibeltexte und das Wechselspiel von Wort, Musik und Stille bilden mein Bewusstsein für die Zusammengehörigkeit aller Wesen.“ 

R. B., bildender Künstler und Musiker

Ich habe Besucher*innen unserer Gottesdienstreihe gebeten, zu beschreiben, warum sie kommen. „Mit der Seele hören“ wurde vor 23 Jahren initiiert von Bernd Deininger, Psychiater/Psychoanalytiker und evangelischer Theologe, sowie von Pfarrer Hans Bauer und mir, damals Leiter des „Projekts Spiritualität“ im Haus eckstein. 

Seitdem werden diese spirituell-psychologischen Gottesdienste mit schlanker Liturgie und besonderer Musik einmal im Monat am Sonntagvormittag in der Egidienkirche ausgesprochen gut besucht. Es hat sich eine Art Gottesdienstgemeinde gebildet, auch aus dem Umkreis von Nürnberg. Warum kommen diese Menschen, von denen viele nur sehr selten in die Kirche gehen? Sie sind religiös interessiert, aber oft kirchlich distanziert. Und derer gibt es viele. 

„Diese lebendige und moderne Form der Glaubensvermittlung könnte dazu beitragen, dem Mitgliederschwund der Kirchen entgegenzuwirken.“

V. K., Unternehmer

Wir beziehen bewusst, wenn auch nicht plakativ, Erkenntnisse aus der Psychologie, aber auch aus der Philosophie, mit ein.

„Ein gutes Format für alle, die Interesse an Philosophie, Psychologie in Verbindung mit Theologie haben.“

B.H., Berufschullehrer 

Alle, die predigen, haben einen entsprechenden Hintergrund, meist eine psychotherapeutische Ausbildung. Einige Pioniere der pastoralpsychologischen Seelsorgebewegung wie die Professoren Dietrich Stollberg und Richard Riess waren über Jahre an der Reihe beteiligt. Krankenhausseelsorger*in Ulrike Klein und Ekkehard Fugmann sind beide von Anfang an dabei. Und mit dem Philosophieprofessor Harald Seubert, wie Deininger ebenso Theologe und Prädikant der Landeskirche, ist auch die Philosophie kompetent vertreten. Die Relevanz biblischer Texte soll auf die eigene Lebenserfahrung hin transparent werden. Es geht darum, berührt zu werden durch das Wort in den Wörtern, den Anspruch des Evangeliums Jesu persönlich an mein Leben. 

„Nach fast jedem Gottesdienst reden wir ausführlich über den Predigtinhalt, weil Themen aus unserem Lebensalltag angesprochen werden.“ 

Ein Ehepaar, Physiotherapeut und Sozialpädagogin

Dazu braucht es neben dem Reden ein entsprechendes Hören, ein Hören mit der Seele. Das meint ein Hören mit einer interessierten, inneren Offenheit, der Bereitschaft, sich berühren zu lassen in den tieferen Schichten der Seele, im Grund des Herzens. Das klingt poetisch und es ist meine Überzeugung, dass bei aller nötigen Rationalität eine Predigt, ein Gottesdienst, auch die poetische Seite zur Resonanz bringen sollte, um wirklich zu berühren. Dieses Hören mit der Seele wird vor allem durch die besondere Musik unserer Reihe gefördert. Es ist eine Musik, die selten in Kirchenräumen erklingt, Musik aller möglicher Stile (Folklore, Jazz, Blues, Weltmusik, Klassik) und Kulturen. Musik, neben vertrauten oft auch auf ungewöhnlichen Instrumenten gespielt, wie japanischer Bambusflöte, mongolischer Pferdekopfgeige, Sitar oder Vogelhorn. Immer von exzellenten Musikern, immer gute Musik. Und wirklich gute Musik ist stets auch Kirchenmusik, Musik zum Lobe Gottes. Sie öffnet das Herz, die Seele, den Geist. 

„Last but not least ist unter allen Umständen die großartige, wahrhaft Leib und Seele berührende, Musik hervorzuheben.“

C. P. , Pfarrer

Wichtig für das Konzept der spirituell-psychologischen Gottesdienste ist der Aspekt meditativer Spiritualität. Momente der Stille schaffen den Raum bewussten Hörens, der im hektischen Alltag verloren geht. Diese Stille, dieses schweigende Hören, ist in unserem reizüberfluteten Leben für viele oft irritierend ungewohnt. Gerade Gottesdienste sind Orte und Zeiten, um mit diesem Hören in der Stille wieder vertraut zu werden. 

„Ich habe dort eine wunderbare Predigt über Spiritualität als der Fähigkeit, das Unwesentliche vom Wesentlichen zu trennen gehört und mir einmal mehr gewünscht, dass Spiritualität und Mystik in unserer nüchternen, protestantischen Kirche mehr Platz hätte – auch als Gegengewicht zu manchem esoterischen Klimbim.“

R. S., Politikerin

Geben unsere Gottesdienste einen Halt? Ich persönlich bin hier vorsichtig und würde das nicht vollmundig behaupten. Der langjährige Zuspruch zeigt, dass Menschen hier etwas finden, was ihnen guttut. 

Einen Halt geben ist mir zu statisch, klingt zu sehr von oben herab. Ich verstehe unsere Gottesdienste mehr im Sinne einer Begleitung auf der religiösen, geistigen Reise und Suche. Denn wenn es um Gott geht, um den Grund der Wirklichkeit, sind und bleiben wir alle Suchende, auch wenn wir etwas gefunden haben. Es geht nicht darum, dogmatisch religiöse Richtigkeiten zu verkünden, sondern Impulse zu geben für die eigene Suche: „Nachdenklich machen ist die tiefste Art zu begeistern.“ Dieser Satz von Albert Schweitzer ist für mich ein gutes Motto für unsere Reihe. Wenn ich selbst glaubhaft als immer noch Suchender erkennbar bin, kann ich auch glaubhafte Anstöße für Suchende geben.

„Mit der Seele hören.
Mit dem Herzen denken.
Das Andere und
Weitere betrachten und das ganz
Andere als
mystische
umfassende
Geborgenheit
bewahren.“

H. E., Sozialarbeiter

Text: Ludwig Frambach
Grafik: iStockphoto.com
Foto: Daniel Schneider

INFO:

„Mit der Seele hören“ Spirituell-psychologischer Gottesdienst 

Nächste Termine:
Sonntag, 12. Februar, 10.30 Uhr, St. Egidien 

Sonntag, 12. März, 10.30 Uhr, St. Egidien

Bernd Deininger und Ludwig Frambach