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Eine Glosse
Namen im Himmel contra Namensgebung aus der Hölle

Ob der Schauspieler Uwe Ochsenknecht wohl in Nürnberg Chancen mit den Namen seiner Kinder gehabt hätte? Wilson Gonzales, Jimi Blue und Cheyenne Savannah sind schon sehr ausgefallen. Dabei befindet er sich in bester Tradition der Prominenz: Die Tochter Carl Zuckmeyers hieß Winnetou … aber immerhin nur mit zweitem Vornamen.

Das Internet bringt viele ausgefallene Kindernamen in Deutschland ans Licht: erlaubt wurden etwa angeblich Alemmania, Apple, Cinderella-Melodie, Legolas, Matt-Eagle (sic!), Mikado, Siebenstern, Solarfried, Sonne und Waterloo. Nicht genehmigt wurden hierzulande (bislang) z. B. Atomfried, Bierstübl, Joghurt, Pfefferminza, Porsche, Puppe, Rumpelstilzchen, Satan, Störenfried und Waldmeister.

Ob die Standesbeamten bei diesen Anfragen gleich die Visitenkarte eines Familientherapeuten mitgeben, ist nicht bekannt.

Interessant ist, dass neuerdings auch Flüssenamen zuglassen sind: In Köln wurde ein Kind Rhein genannt, in Nürnberg wartet die oder der erste Pegnitz noch darauf, diesen Namen zu erhalten. Die Predigt zur Taufe fällt bei Flüssenamen sicher mit viel Bezug zum Thema Wasser leicht – aber bei den anderen Namen? Dem Autor ist jedenfalls kein Geistlicher bekannt, der bei der Taufe in Lachanfälle ausgebrochen wäre  oder der sich manchem Namen verweigert hätte.

Auch wenn in Nürnberg bislang die Namen eher konservativ gewählt werden, geht der Trend deutschlandweit doch zum Ausgefallenen. Um dies zu vereinfachen und gleichzeitig dem Datenschutz gerecht zu werden, empfiehlt es sich nun bei allen namensbezogenen kirchlichen Handlungen, Tarnnamen zu verwenden.

Gerade bei Konfirmationen kann dies Versprechern vorbeugen, wenn die Jugendlichen einfach nach dem in ihrem Jahrgang beliebtesten Vornamen als Noah 1–10 oder Emilia 1–10 durchnummeriert werden. Denn ein Kollege hat z. B. eine nach der Schauspielerin Angelina Jolie benannte Konfirmandin Angelina aus Versehen mit „Angelika“ angesprochen, was für massive Irritationen sorgte. 

Für das Konfirmandenfoto können FFP2-Masken verwendet werden, sodass keine Erkennbarkeit gegeben ist. Das lästige Namenslernen fällt zudem weg und der Datenschutz ist zufrieden. Bei Taufen könnte im öffentlichen Gottesdienst ein passwortähnlicher Namen (z. B. „Ich taufe dich auf den Namen Eins-Sieben-G-H-Neun-Rautetaste-Pluszeichen-Drei“) gewählt werden und nach der Amtshandlung zu Hause der eigentliche Name von der Taufurkunde freigerubbelt werden. Bei Trauungen bietet es sich an, einfach die vom Paar gebräuchlichen Kosenamen zu verwenden („Bärchen, willst Du Mäuschen lieben und ehren, bis dass der Tod euch scheidet?“). Schwierig wird es bei der Beerdigung, da hier doch einige personenbezogenen Daten genannt werden. Eine Lösung ist auch hier zu finden – die engsten Angehörigen (die das nachweisen können) erhalten Kopfhörer, für alle anderen Besuchenden werden empfindliche Daten ausgeblendet.

Das ist natürlich alles Klamauk.

Denn wenn es um den Namen geht, kommt der Datenschutz an seine Grenzen. Namen sind wichtig im kirchlichen Miteinander, da sie die Individualität jedes und jeder Einzelnen betonen und dass er und sie geliebte Geschöpfe Gottes sind, so wie sie sind. 

Wir dürfen im Gegensatz zu mystischen Figuren wie Rumpelstilzchen und Lohengrin, deren Namensverbot den Datenschutz freuen dürfte, zu unserem Namen stehen.

Größte Sorge bereitet derzeit dem kirchlichen Datenschutz übrigens der jenseitige Umgang mit personenbezogenen Daten, da Jesus verkündet hat: „Freut euch, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind!“ (Lukas 10,20b) – Wie ist das zu kontrollieren?

Was den Datenschutz erschüttert, erfreut den Theologen: denn diese Aussage, dass die Namen im Himmel geschrieben sind, gilt auch für Jimi-Blue und Winnetou, Legolas und Matt-Eagle, für … (bitte eigenen Namen eintragen) und … (bitte Namen eines geliebten Menschen eintragen).

Text: Hannes Schott
Foto: iStockphoto.com