Dr. Walter Hartleitner vom Planungsbüro für Naturstein und Denkmalpflege Hartleitner und Müller beim Reinigen mit Laser

Der Nürnberger Adam Kraft und die Kreuzwegstationen

Zu Recht gilt der Nürnberger Adam Kraft (um 1460–1509) neben Tilman Riemenschneider und Veit Stoß, als einer der bedeutendsten süddeutschen Bildhauer an der Wende vom Spätmittelalter zur Renaissance. Sein Kreuzweg führte einst entlang des Weges vom Tiergärtnertor bis zum damaligen Siechenkobel St. Johannis, einer mehrfigurigen Kreuzigungsgruppe mit Grablegungsszene in der Holzschuherkapelle auf dem heutigen Johannisfriedhof. Gläubige konnten diesen Weg in Gedenken an den Leidensweg Christi abschreiten. Die eindringlichen Szenen sind Ausdruck einer intensiven Passionsfrömmigkeit und kamen zu ihrer Entstehungszeit dem Wunsch nach, am eigenen Heimatort das Leben Christi möglichst authentisch nachvollziehen zu können.

Der um 1500 entstandene Zyklus gehört neben dem Lübecker Kreuzweg (1493), dem Bamberger Kreuzweg (1503) und dem Görlitzer (1504) zu den ältesten Beispielen im deutschen Sprachraum. Dies unterstreicht seine besondere kultur- und frömmigkeitsgeschichtliche Bedeutung.

Die Reste der Kreuzigung am Ende des Weges sind heute im Hof des Heilig-Geist-Spitals zu sehen. Die sieben Kreuzwegstationen wurden nach knapp 400 Jahren zum Schutz vor weiterer Verwitterung sukzessive abgebaut und ins Germanische Nationalmuseum überführt und vor Ort durch Kopien ersetzt.

Die Restaurierungsmaßnahme

Die Kreuzwegstationen von Adam Kraft wurden in den vergangenen drei Jahren aufwändig gereinigt und restauriert. Die bedeutenden großformatigen Sandsteinreliefs waren ursprünglich auf freiem Feld, später in der über ihre Mauern hinauswachsenden Stadt als Wegmarken aufgestellt. Dass die Originalreliefs über Jahrhunderte der Witterung ausgesetzt waren, hatte Spuren hinterlassen: Die Oberflächen waren verschmutzt und dunkel verfärbt, einige Figurenteile mit der Zeit verloren oder beschädigt. Zudem wurden einzelne Elemente vor allem im 19. Jahrhundert sichtbar mit einem andersfarbigen Schilfsandstein ergänzt, was zu einem sehr heterogenen Gesamteindruck führte.

Ziel der Restaurierungsmaßnahmen war, die schwarzbraunen Verfärbungen zu entfernen, um die hohe künstlerische Qualität der einzelnen Reliefs wieder deutlicher sichtbar zu machen.

Wie gelang das? Mit Laser und Kompressen machte sich Diplom-Restauratorin Katrin Müller an die Arbeit. Die Intensität eines Laserstrahls kann präzise an unterschiedliche Verschmutzungsgrade angepasst werden und lässt die Schmutzpartikel verdampfen. Bei anderen Partien trug Müller Lauge auf, die in den Stein sickerte und in einem chemischen Prozess mit dem Schmutz im Innern reagierte. Um den nun flüssigen Schmutz aus dem Stein zu ziehen, wurde absorbierender Zellstoff wie ein Verband aufgelegt, der die Flüssigkeit aufsaugte und nach mehrmaligem Wechsel die Verfärbungen beseitigte. Auch wurde der unterschiedliche Verwitterungszustand der einzelnen Szenen behoben. Nun lässt sich wieder erkennen, dass es sich bei dem Kreuzweg nicht um sieben voneinander unabhängige Arbeiten, sondern um ein Gesamtkunstwerk handelt.

Bei seinen Kreuzwegstationen erweist sich der Bildhauer Adam Kraft als exzellenter Künstler und lebendiger Erzähler. Meisterhaft und wirklichkeitsnah sind seine Figurendarstellungen, bemerkenswert die Andeutung von Tiefenräumlichkeit. Jede Szene besteht aus hintereinander gestaffelten Bildebenen, komplizierte Körperdrehungen und Rückenansichten verleihen ihnen zusätzliche Tiefe – und eine außerordentlich lebendige Dynamik.

Die Ausstellung

Die Ernst von Siemens Kunststiftung, München, und der Fördererkreis des Germanischen Nationalmuseums finanzierten die dreijährige Restaurierungskampagne. Die umfangreichen kunsttechnologischen Untersuchungen ermöglichten auch neue Erkenntnisse zur einstigen Farbigkeit sowie zur Restaurierungsgeschichte.

Eine Studioausstellung ermöglicht ab März 2018 einen „Blick hinter die Kulissen“. Sie stellt die angewandten Untersuchungs- und Restaurierungsmethoden näher vor und präsentiert neu gewonnene Einsichten zur Bildhauertechnik Adam Krafts und zum Schicksal seiner Bildwerke. So auch über die Bedeutung des Ensembles als großartiges Kunstwerk und kulturell prägendes Zeugnis gelebten Christentums.

Text: Sonja Mißfeldt (Pressesprecherin des Germanischen Nationalmuseums)
Fotos: Katrin Müller

Veronika reicht Christus das Schweißtuch, Kreuzwegstation von Adam Kraft während der Restaurierung:

Behandlung mit Gel-Kompressen
Behandlung mit Zellstoff-Kompressen

Adam Kraft. Der Kreuzweg

Ausstellung in der Kartäuserkirche des Germanischen Nationalmuseums
22. März bis 4. Oktober
Dienstag–Sonntag 10–18 Uhr
Mittwoch 10–21 Uhr
Eintritt: € 8 / ermäßigt € 5
Zur Ausstellung erscheint ein Begleitband mit neuesten Forschungsergebnissen zum Kreuzweg von Adam Kraft und den durchgeführten Restaurierungsmaßnahmen.

 
Ökumenischer Kreuzweg

Der ökumenische Kreuzweg findet immer am Freitag vor Palmsonntag statt, heuer am 23. März. Beginnend um 17 Uhr in St. Sebald geht es an den Kreuzwegstationen Adam Krafts entlang nach St. Johannis.

Herzliche Einladung!