Die interreligiöse Frauen-WG in Nürnberg
Pfannkuchen statt Bratwurst

Eingeladen waren junge Frauen zwischen 18 und 30 Jahren aus allen Konfessionen und Religionen. Sie zogen eine Woche lang in ein Selbstversorgerhaus in Nürnberg-Muggenhof und organisierten ihren Alltag dort gemeinsam. Wie in jeder WG gibt es Pläne, zum Putzen aber auch, wann das gemeinsame Abendgebet stattfindet.

Die Unterschiede in den Religionen und Konfessionen sind offensichtlich. Sie werden immer wieder erklärt. Aber was verbindet uns als Menschen? Das ist die eigentlich wichtige Frage im Zusammenleben. 

Schnell wurde in der Vorbereitung klar, dass es eine ganze Woche lang nur vegetarisches Essen geben würde. Das ist nicht nur wegen verschiedener Speisevorschriften ein guter Kompromiss, sondern das ist den jungen Frauen noch wichtiger, heute sowieso geboten. Um der Verantwortung, die wir für die Schöpfung haben, gerecht zu werden, müssen wir unseren Fleischkonsum verringern. „Dann gibt es eben Grießbrei mit Apfelmus oder Pfannkuchen“, hieß es bei den Vorbereitungen.

Diesen Herbst ist der Gruppe noch klarer geworden als bisher, welcher Schatz das gemeinsame Wohnen ist. Im letzten Jahr konnte die interreligiöse Frauen-WG nur online stattfinden. Das war zwar besser, als sie ausfallen zu lassen, aber wirkliche Freundschaft entwickelt sich nicht am Bildschirm. Neben thematischen Einheiten wurde auch Zeit für Sport mit eingeplant: Bogenschießen und Qigong. Beim Ausprobieren von Aktivitäten wächst die Gemeinschaft fast wie eine Familie.

Welche Rolle Jesus hier spielt? Vermutlich eine noch größere, als in Kirchen, denn so, wie Jesus mit seinen Jüngern die Menschen in ihren Häusern besucht hat, so findet auch bei der interreligiösen Frauen-WG die Begegnung nicht im öffentlichen Raum sondern im Privaten statt. Gemeinsame Mahlzeiten sind dabei genauso essenziell wie die Offenheit, den eigenen Glauben mit anderen zu teilen und zu reflektieren. Dieser Rahmen ist viel intimer, als „frau“ es sonst gewohnt ist. Beim Einschlafen im Zweibettzimmer kommen Gedanken und Erinnerungen aus der eigenen Familie und Tradition in den Sinn und beim Nachhausekommen von der Arbeit oder aus der Uni ist der erste Austausch nicht religiös, sondern ganz menschlich, wenn die Frage heißt: „Wie war Dein Tag?“

Genauso wie in einer Familie ist aber auch Unterschiedlichkeit normal und wertvoll, das ist das Ergebnis aus dem Erleben der vergangenen Jahre: „Es ist ok und gut, auch unterschiedlich zu sein“. Im Austausch mit anderen Konfessionen und Religionen verändert sich der Blick auf den eigenen Glauben. 

Über manche Glaubensgewissheit wird eine umso dankbarer; anderes steht auf einmal infrage.

Wen die internationale Frauen-WG generell interessiert, meldet sich bei Anna Rohlederer beim Team der LUX: anna.rohlederer@elkb.de 

Text: Tabea Baader
Artikelfoto: Archiv St. Egidien