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Sag Ja zum Singen
Sag Ja zum Singen – nicht nur, weil es glücklich macht

Ja, Singen macht glücklich

Unter Sängerinnen und Sängern, Profis wie Amateuren, ist diese positive Wirkung unumstritten. Sie ist natürlich subjektiv. Aber auch Wissenschaftler weisen in Untersuchungen den stimmungsaufhellenden Effekt nach: Körpereigene Glückshormone werden ausgeschüttet (z. B. das „Kuschelhormon“  Oxytocin), Stresshormone (z. B. Adrenalin) werden abgebaut.

Ja, Singen ist gesund

Singen ist gut für den Kreislauf (ähnlich wie Dehnübungen und leichter Sport), für das vegetative Nervensystem (Atmung, Herzschlag, Blutdruck), stärkt die Abwehrkräfte und erhöht die Lebenserwartung.

Ja, Singen hilft

Singen ist eine ureigene Form menschlichen Ausdrucks. Und sie ist existenziell. Wenn die Sprache versagt, wird gesungen. Nicht nur nach Katastrophen und Unglücken – von der großen weiten Welt bis in die eigene kleine Familie. Auch Alzheimerpatienten und Demenzkranke erinnern sich und singen Kirchen- und Volkslieder, auch wenn sie sich sonst nicht mehr verständigen können.

Ja, Singen ist persönlich

„Person“ kommt vom lat. „personare“ und wird wörtlich übersetzt als „durchtönen“. Durch das Tönen werden wir zur Person. Der Schrei des Neugeborenen kündigt unmissverständlich an: Hier bin ich! Kleine Kinder rufen nach der Mutter im Intervall einer fallenden kleinen Terz oder summen im versunkenen Spiel vor sich hin. Oft verliert das Singen im Laufe der Lebensjahre (zumindest in unserem Kulturkreis) seine „Alltäglichkeit“.

Ja, gemeinsames Singen ist noch schöner. Freunde treffen, Ausflüge und Konzertreisen, Geselligkeit: Singen erzeugt Nähe, Zugehörigkeits- und Gemeinschaftsgefühl. Viele Menschen singen genau aus diesem Grund in Ensembles und Chören. Der soziale Aspekt beim Singen ist gar nicht hoch genug einzuschätzen. Für viele gibt es auch musikalische Gründe, lieber in der Gruppe zu singen: das Gefühl, auch mit der eigenen Stimme Teil eines Ganzen zu sein, sich einordnen zu können zugunsten des Gesamtklangs, attraktive Mehrstimmigkeit mitzugestalten, das Zuhörenlernen beim Singen.

Ja, Singen ist wieder „in“

Allen Unkenrufen zum Trotz haben Videospiele wie „Singstar“ und Castingshows das Singen wieder hip gemacht. Vorsingen ist nicht mehr peinlich, sondern eine Möglichkeit, sich auszudrücken und darzustellen. Es entstehen vermehrt offene Formate wie Crowdsinging und Rudelsingen; über die reinen Stilistiken hinweg (Gospel-/Shanty-/Jazzchor usw.) werden auch spezielle Zielgruppen angesprochen (Schwule/Lesben, Senioren, Muffelige, Kneipengänger, Angsthasen usw.). Singen ist wieder in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Ja, ohne Singen fehlt etwas

Die letzten Wochen und Monate haben es gezeigt: Das Singverbot ist vielen schwergefallen. Nicht nur, dass die Probenarbeit in den Chören pausieren musste, auch der Gesang im Gottesdienst wurde stark reglementiert und reduziert, an den Schulen sogar überwiegend bis jetzt komplett verboten. Irgend-
etwas fehlt dann doch, selbst wenn man vorher nicht viel mit Singen zu tun hatte, selbst wenn man nur zugehört hat.

Text: Matthias Stubenvoll
Artikelfotos: privat
Porträt: Rainer Bittermann