Innenstadt
Freitag, 19. Juli ab 9.30 Uhr im Sebalder Ostchor
Sebaldusgrab: Im Kern ein Holzkasten

Das Sebaldusgrab gilt als Spitzenwerk des Nürnberger Bronzegusses und ist von  weltweiter Bedeutung. Das sei vielen Nürnbergern gar nicht bewusst, betont Benno Baumbauer, Mitarbeiter bei den Kunstsammlungen der Stadt Nürnberg.

Er ist einer der Referenten des Symposiums zum Sebaldusgrab am Freitag, 19. Juli ab 9.30 Uhr im Sebalder Ostchor.

Es war eine unruhige Zeit, in der das heutige Sebaldusgrab entstanden ist. Am 31. Oktober 1517 leitet Martin Luther mit seinem Thesenanschlag in Wittenberg die Reformation der Kirche ein. Im März 1525 beschließt der Rat der freien Reichstadt Nürnberg die Einführung der Reformation. Das ist zugleich das Ende der Heiligenverehrung nach katholischer Vorstellung. Nur wenige Jahre vorher haben Peter Vischer d. Ä. (um 1455–1529) und seine Söhne das Grabmal des Heiligen Sebald fertiggestellt und am 19. Juli 1519 dem damaligen Propst Melchior Pfintzing (1484–1535) übergeben.

 

Sebaldusgrab und die Reformation

 

Es ist wohl dem besonnenen Handeln des Rats der Stadt zu verdanken, dass das Sebaldusgrab die Reformationszeit überlebt hat. Denn Zerstörungen von Kunstwerken habe es in jener Zeit auch in Nürnberg gegeben, erklärt der Kunsthistoriker: „In einer Nacht- und Nebelaktion haben zwei Ratsmitglieder ein schwarzes Marienbild aus der Frauenkirche entfernt, weil sich dort Abgötterei abgespielt haben soll.“

 

In der Sebalduskirche seien zwei Flügelaltäre abgebaut worden. Und am Petrusaltar sei die Tiara entfernt worden, die Papstkrone, weil sie als Herrschaftssymbol des Vatikans galt. „Petrus als Apostel war hingeben nicht anstößig“, weiß Baumbauer. Das habe auch für die sterblichen Überreste des heiligen Sebalds gegolten.

 

Der Schrein, der bis heute  in der Mitte des Grabmales steht, war ursprünglich frei zugänglich. „Im Kern ist es ein Holzkasten in simpler Hausform mit Silber- und Goldbeschlägen“, sagt der Wissenschaftler. Dieser Schrein gehe auf das 14. Jahrhundert zurück. „Weil die Sebaldusverehrung eine Art Staats-kult war, ist außen das Nürnberger Wappen angebracht. Es weist Sebald als Stadtheiligen aus.“

 

Bekannt sei auch, dass dieser Schrein zu besonderen Anlässen von zwölf Ratsherren – einer Art Apostelkollegium – außen um die Kirche getragen wurde. Für die Ratsherren sei das eine besondere Ehre gewesen.

 

Ungereimtheiten der Jahreszahlen

 

Damit war spätestens 1519 Schluss, als der Schrein in das heutige Sebaldusgrab aus der Werkstatt Peter Vischers integriert wurde. Dass sich 500 Jahre später ein wissenschaftliches Symposium  mit dieser Arbeit beschäftigt, hat gute Gründe, denn: „Das Sebaldusgrab ist immer noch nicht ausgeforscht“, meint Benno Baumbauer. Der promovierte Kunsthistoriker weist auf Ungereimtheiten der Jahreszahlen am Sockel des Grabmales hin: 1508 und 1519. Früher waren die Wissenschaftler davon ausgegangen, dass die erste Zahl den Beginn der Gussarbeiten nennt, die zweite deren Ende. Das ist nach Auffassung des 35-Jährigen aber ein Trugschluss.

Baumbauer hat von einem Kollegen Hinweise erhalten, dass 1508 nur die ersten Modelle des Sebaldusgrabes hergestellt worden seien.
„Das bedeutet, dass man 1519 in einem Rutsch alles gegossen hat.“ Bis dahin seien an den Modellen immer wieder Veränderungen vorgenommen worden.

 

Trotzdem erwartet sich Baumbauer von der Tagung „keine kometenhaften neuen Erkenntnisse, sondern Präzisierungen des bisherigen Kenntnisstandes.“ Deshalb könne der Besuch des Symposiums „500 Jahre Sebaldusgrab“ – bei freiem Eintritt – auch für den Laien vertiefende Informationen bieten.

 

„Dass die Sebalduskirche ein wirklicher Schatz an Kunst- und Kulturgeschichte ist, müssen sich die Nürnberger erst wieder klarmachen“, hebt Baumbauer hervor. „Das ist ein dickes Plus für die Bewerbung als Kulturhauptstadt.“ Denn „um vergleichbare, intakte Kirchenausstattungen wie in St. Sebald und St. Lorenz zu sehen, muss man in die Slowakei oder nach Florenz reisen.“

Interdisziplinäres Symposium zum 500. Jubiläum des Sebaldusgrabes

Das interdisziplinäre Symposium zum 500. Jubiläum des Sebaldusgrabes beginnt am Freitag, 19. Juli um 9.30 Uhr im Ostchor der Sebalduskirche. Es ist eine Kooperation der Kirchengemeinde St. Sebald mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, den Museen der Stadt Nürnberg und der Albrecht-Dürer-Haus-Stiftung.

Das Programm des Sebalduswochenendes gibt es gedruckt oder als Download unter: sebalduskirche.de/sebaldusgrab500

Siehe auch Highlight auf Seite 44.

Info:
Dr. Benno Baumbauer (35) lebt in seiner Geburtsstadt Erlangen, wo er Kunstgeschichte, Geschichte und Germanistik studiert hat. Der Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit liegt bei Kunstwerken des Spätmittelalters und der Renaissance, zu denen auch das Sebaldusgrab von Peter Vischer d. Ä. gehört.