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Südostasien feiert Weihnachten
Südostasien feiert Weihnachten

Hongkong

Wie in allen Ländern der Region, gibt es auch in Hongkong keinen Advent. In manchen der hunderten Denominationen wird er zwar im Gottesdienst gefeiert. Aber selbst, wo offiziell Advent begangen wird, singt man in der Regel schon Weihnachtslieder. Und vor denen gibt es ab Mitte November kein Entrinnen. Ob in U-Bahnstation oder Supermarkt, in jedem Jahr gibt es einen neuen „Soundtrack“, der jedes Geschäft, jede Unterführung beschallt. Und das in der für Hongkong typischen Mischung amerikanisch-weltlicher Schnulzen wie „Rudolph, the red-nosed reindeer“ und hochgeistlicher Schlager wie „Stille Nacht“ und „O freut euch, ihr Heiligen“. Zusätzlich zur Beschallung ist Hongkong ab Mitte November festlich geschmückt. Neben dem Herbstfest und dem Chinesischen Neujahr ist Weihnachten das dritte große Dekorationsereignis des Jahres. Und von allen drei „Deko-Schlachten“ bietet Weihnachten das stabilste Wetter. Das heißt: die gefühlten Milliarden von Weihnachts-
sternen (Euphorbia pulcherrima), die auch im Dschungel wild wachsend um diese Zeit blühen, strahlen mit den üppigen Weihnachtskugelarrangements vor oft blauem Himmel bei 20 Grad um die Wette.

Die Urteile der Touristen rangieren von „viel zu viel des Guten“ über „Kitsch“ bis hin zu „absolut zauberhaft“, und ich bin nach einigen Jahren zum vehementen Vertreter der dritten Ansicht geworden.

Eine spezifische Tradition Hongkongs ist, dass am Heiligabend die Christen in offenen Wagen durch die Nachbarschaft ihrer Kirchengemeinde fahren und lautsprecherverstärkt Weihnachtslieder singen. Teilweise sind dann noch die Geschäfte geöffnet und während der Trubel wie an jedem anderen Tag des Jahres keine deutsche Besinnlichkeit aufkommen lässt, erzeugen die meist jüngeren Sänger doch so etwas wie Weihnachtsstimmung – in der fröhlichen angelsächsischen Version.

Viele Menschen bleiben stehen und applaudieren und lassen sich auch die ein- bis zweiminütigen  Minipredigten gefallen, die von einigen der Wagen zwischen den Liedern in die Lautsprecher geschrien werden. Der Weihnachtstag selbst ist staatlicher Feiertag und wenn er auf einen Sonntag fällt, ist sogar der zweite Feiertag noch frei.

Myanmar

In den letzten Jahrzehnten ist im ehemaligen Birma die Tradition des „Sweet December“ (süßer Dezember) entstanden und wird inzwischen von vielen Christen aller Traditionen begangen. Angefangen haben die Baptisten, die einen großen Anteil der Christen in Myanmar stellen. Nachdem man dem Konzept des Advents einigermaßen hilflos gegenübersteht, haben die Baptisten der Karen-Bevölkerungsgruppe am ersten Dezember Jesus begrüßt, um mit ihm die Vorbereitung seines Geburtsfestes zu beginnen.

Gegen Mitternacht des 30. Novembers ging man in die Kirche zu einem nachdenklichen Gottesdienst mit dem Ziel, sich ganz neu Gott hinzugeben.

Nach dem Gottesdienst gab es Erfrischungsgetränke und Süßigkeiten und das hat sich inzwischen zum prägenden Element ausgeweitet. Jugendliche begrüßen jetzt den Dezember, indem sie „Sweet December“-rufend durch die Nacht laufen und Süßigkeiten verteilen. Je nach Nachbarschaft oder Gemeinde gibt es heute verschiedene Traditionen. Mancherorts wird fast jede Nacht bis zum 24. Dezember der süße Dezember gefeiert, „Sweet December“ wird mit Kreide auf Straße oder Haustür geschrieben, Süßigkeiten werden als Gruß an Türen geklebt. In einigen Bezirken beginnt mit dem süßen Dezember auch schon die Saison der Weihnachtslieder-Kinderchöre, die Tag und Nacht durch die Gegend ziehen und singen.

In vielen Haushalten gehört der Ruf „Sweet December“ inzwischen zum täglichen Gruß vom Erwachen bis zum Einschlafen und es wird berichtet, dass diese Tradition sich auch in manchen buddhistisch geprägten Nachbarschaften einzubürgern beginnen würde.

Vietnam und Laos

Vietnam und Laos gehören zu den Ländern in Südostasien, in denen öffentliche religiöse Äußerung am stärksten eingeschränkt ist.

Aber auch hier hat die Weihnachtliche Dekoration Einzug gehalten und seit ein paar Jahren verkünden die Kirchen mit immer größerer Leuchtschrift die Geburt ihres Herrn.

Wie überall in Asien ist hier die Trennung zwischen Katholiken und Christen (= evangelische Christen) besonders stark. Und während die Katholische Kirche mit großen Krippen, Mitternachtsmessen und traditionellen Liedern für uns in recht vertrauter Weise Weihnachten feiert, feiert die evangelische Kirche oft bewusst nicht-traditionell, d. h. die vollen und fröhlichen Weihnachtsgottesdienste unterscheiden sich kaum von den wöchentlichen, eher charismatischen Gottesdiensten, in denen das Kirchenjahr kaum eine Rolle spielt.

Japan

Das wichtigste Element japanischer Weihnacht ist der Weihnachtskuchen (Christmas cake). Wie Hongkong ist ebenso ganz Japan im Dezember weihnachtlich geschmückt. Mit dem Unterschied, dass man hier oft auf der eher geschmackvollen Seite landet, denn japanische Papierkunst erzeugt atemberaubend schöne Kunstwerke und Karten. Und auch Nikolaus steigt mit in die heißen Quellen der Badehäuser. In Japan ist Weihnachten in erster Linie ein romantisches Fest – auf die christliche Botschaft trifft man außerhalb der Kirchen selten. Aber weil es eben so romantisch ist, geht der ein- oder andere dort an Weihnachten durchaus einmal in die Kirche und alle dekorieren mit. Nach Kaisers Geburtstag – dem 23. Dezember – ist erst wieder der 1. Januar ein Feiertag. Und da wie überall in Südostasien Feiertage die Haupteinkaufstage sind, wird am 23. Dezember in fast jedem japanischen Haushalt der „Christmas cake“ gekauft. Oft mehrstöckig, klassisch weiß glasiert und mit Erdbeeren dekoriert. Aber natürlich gibt es tausende Varianten. Gegessen wird am 24. abends. Christliche Gottesdienste gibt es an Heiligabend und manchmal auch am Weihnachtstag. Spätestens am 25. abends ist im ganzen Land die Weihnachtsdekoration komplett verschwunden.

Schon allein deshalb bleibt von der Deko nichts mehr übrig, weil Japan Neujahr als einziges Land der Region schon am 1. Januar feiert. Für dieses wichtigste Fest in Asien bleiben dann nur noch wenige Tage für die aufwendige Neudekoration des ganzen Landes.

Text und Artikelfotos: Jan Martin Depner