Innenstadt
Vorstellung neuer Pfarrer an St. Jakob
U wie Urlaubszeit

U wie Urlaubszeit

oder „Such, wer da will, ein ander Ziel, die Seligkeit zu finden“

Wenn die Sommerferien beginnen, wird es auch in einer Kirchengemeinde ruhiger. So wie der Herr am siebten Tage ruhte, ruht nach immer viel zu langer Schulzeit zwischen Pfingst- und Sommerferien auch der Freistaat.

Schul- und Konfirmandenunterricht setzen aus, sogar die von den Schulferien seit Jahrzehnten unabhängigen Senioren legen oftmals eine Pause ein und die Geistlichkeit verreist. Noch im traditionellen Ferienstau wird versucht, diesen theologisch umzudeuten und humorvoll an die 40 Jahre zu erinnern, die das Volk Israel warten musste, bis es ins gelobte Land einziehen durfte.

Im Urlaubsort selbst trennt sich die Geistlichkeit in zwei Gattungen: jene, die auch vor Ort als Pfarrerinnen und Pfarrer erkannt werden wollen und jene, die auf keinen Fall als Pfarrerinnen und Pfarrer erkannt werden wollen.

Erstere besichtigen im Urlaub, selbstverständlich mit klerikalen schwarzen Hemden über kurzen Hosen, Socken und Sandalen, alle erreichbaren Kirchen und sortieren dort durcheinandergebrachte Prospekte um. Sie besuchen den Gottesdienst, helfen danach dem Mesner beim Gesangbuch-Einsammeln und geben dem Liturgen kluge Tipps aus ihrer reichen Erfahrung. Sie lesen natürlich auch im Urlaub theologische Bücher und die Lokalpresse online, um auf dem Laufenden zu bleiben („Man muss ja wissen, wer gestorben ist …“). Außerdem schicken sie – um trotz Urlaub daheim omnipräsent zu bleiben – völlig verdutzten Kirchenmitarbeitern dienstliche E-Mails in die Heimat („Ich hab heut a Mail vom Pfarrer vom Gardasee gekriegt wegerm Haushalt … Hat der grad nix Bessers zu tun?“ Anscheinend nicht.).

Die zweite Pfarrersgattung druckst herum, wenn es im gemütlichen Schwatz mit den Campingnachbarn um den Beruf geht (z. B. „Ich arbeite in der Unterhaltungsindustrie!“). Sie schläft am Sonntagmorgen endlich mal aus (beim zweiten Herumdrehen mehr zu sich selbst als zum Gatten: „Jetz hädd ich fei grad Gottesdienst!“). Und sie liest fast ausschließlich möglichst seichte Krimis. Sollte diese Gattung irgendwo ein Auto mit heimischem Kennzeichen entdecken, dessen Insassen ihr Inkognito lüften könnten, wird ernsthaft („Nirgends is man sicher!“) überlegt, alle Zelte abzubrechen und abseits jeglicher Zivilisation bis zum Ende des Urlaubs auszuharren.

Peinlich berührt stellen Pfarrerin und Pfarrer beider Gattungen bei der Heimkehr dann fest, dass die Gemeinde nicht völlig in ihrer Abwesenheit kollabiert ist. Dem Pfarrer/der Pfarrerin so richtig das Ankommen in der Heimat versauen kann man übrigens mit dem Satz: „Was, Sie warn weg? Des ham mir gar net gmerkt!“

Text und Karikatur: Hannes Schott