Themengeschichte
Fünf Menschen teilen mit uns die Momente und Dinge, die sie mit Stolz erfüllen.
Worauf bist Du stolz?

Soraya, 23

Ich glaube, das erste Mal habe ich mich so richtig stolz gefühlt, als ich mein Abizeugnis bekommen habe. Da hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, ich kann auf eine Zeit zurückblicken, die nicht einfach war und in der es Hürden gab, die man als pubertierender Mensch eben durchmacht – aber ich habe das Ganze jetzt hinter mir gelassen und diese acht Jahre Gymnasialzeit erfolgreich gemeistert. Und wahrscheinlich waren meine Eltern schon öfter stolz auf mich, aber in diesem Moment hatte ich das Gefühl, ich sehe in ihren Augen richtigen Stolz. Das war für mich ein Tag voll von innerer Ruhe und Harmonie. Ich hatte überhaupt keine schlechten Gefühle, ich war einfach von Herzen glücklich und unbeschwert, und stolz auf die anderen – darauf, dass wir alle diese komplette Schulzeit erfolgreich hinter uns gebracht haben.

Ralph, 52

Mich erfüllt mit Stolz, was andere, die mir nahestehen, erreicht haben. Zum Beispiel meine Töchter: Ein Anlass dafür war die Zeugnisübergabe bei der Abschlussfeier. Da stand meine Tochter da oben auf der Bühne, das war schon toll. Ich bin auch stolz darauf, dass meine Töchter Zivilcourage zeigen und den richtigen Weg gehen. Aber auch darauf, dass wir das ermöglicht haben, meine Frau und ich – ich glaube schon, dass wir da einen großen Anteil daran haben. Alles andere Gute in meinem Leben ist etwas, was mich eher mit tiefer Zufriedenheit erfüllt als mit Stolz: Was wir als Familie erreicht haben, dass meine Frau und ich so eine glückliche Ehe führen, dass wir keine finanziellen Sorgen mehr haben im Vergleich zu früher. Wir befanden uns  viele Jahre auf dünnem Eis und wir haben das gemeistert.

Moni, 47

Ich bin stolz darauf, was wir, mein Mann und ich, für Kinder haben. Darauf, wie wir sie großgezogen haben und dass aus ihnen etwas geworden ist. Das bezieht sich sowohl auf sachliche als auch auf soziale Kompetenz: Es macht mich zum Beispiel stolz, zu sehen, wie die Eine bei den Pfadfindern Verantwortung übernimmt, und wie sie daran wächst. Ich bin auch auf meine Nichte stolz, die gerade achtzehn geworden ist und Abi gemacht hat, und jetzt auf Reisen ist. Ich will am liebsten immer allen die Fotos zeigen, was ich für eine coole Nichte habe. Und das ist ja wirklich nichts, wozu ich einen Beitrag dazu geleistet hätte – das ist überhaupt nicht mein Verdienst und ich bin trotzdem stolz auf sie.

In meinem eigenen Leben bin ich eher auf Kleinigkeiten stolz, wie auf meinen selbst designten und betonierten Bierkasten-Schirmständer. Ich würde sagen, bei solchen Kleinigkeiten hab ich ein Gefühl von Stolz, bei „Großigkeiten“ bin ich eher froh oder dankbar.

Lucia, 18

Das war nicht unbedingt ein Moment, sondern eher ein Zeitraum, nämlich als ich zur Jahrgangsstufensprecherin gewählt wurde. Da war ich nicht in dem Sinn stolz, dass ich mir gedacht hätte „ich erzähle das jetzt gleich meinen Eltern, und dann werden die bestimmt stolz auf mich sein“. Sondern da war ich stolz auf mich selbst. Ich hatte da keine große Sache daraus gemacht, wir haben nur unsere Hand gehoben und haben gesagt: „Wir würden es machen.“ Und dann wurde ohne großes Aufsehen gewählt. Da war ich dann stolz auf mich selbst, weil es für mich eine Bestätigung war: So wie du bist, mögen dich die Leute und so passt das. Das hat mir voll viel Selbstbewusstsein gegeben. Es war ein Moment, in dem ich stolz war – einfach darauf, wie ich bin, so mehr oder weniger. Weil es eben so eine Bestätigung war, einfach ein schönes Gefühl.

Irene, 43

Zum einen bin ich stolz auf meine Tochter. Das, was aus ihr geworden ist, ist natürlich nicht nur mein Verdienst, aber ich habe da schon auch ein bisschen Anteil daran, finde ich. Zum anderen bin ich immer dann stolz, wenn ich etwas geschafft habe, wozu ich mich überwinden musste und was mir nicht leicht gefallen ist, wenn ich mich am Ende durchgerungen habe. Im Grunde bin ich auf alles stolz, was ich mir erkämpft habe, alles, was mir nicht einfach zugefallen ist. Wenn da einfach Kraft und Energie, Überwindung und Mut dazugehört haben.

Und noch etwas, was vielleicht etwas nach Poesiealbum klingt: Stolz bin ich auch immer, wenn ich merke, dass ich Menschen habe, denen etwas an mir liegt. Zum Beispiel, als ich letztes Jahr von Freunden lauter Geschenke gekriegt habe, alles Kleinigkeiten, aber alles so, dass ich gemerkt habe: Die wissen genau, was ich mag. Die wissen genau, wer ich bin. Oder ich bin auch stolz, wenn ich merke, dass meine Nichten mich so gern mögen – dass eine ganz enge Beziehung da ist. Auf so etwas bin ich echt stolz: Menschen, die mich mögen.

Text: Hannah Friedrich
Artikelfoto: Istockphoto.com