Der Kalender zeigt den letzten Samstag im Juni an, das Thermometer fast 30 Grad. Am späten Nachmittag herrscht geschäftiges Treiben in der Innenstadt. Vereinzelt spielen Straßenmusiker. Was diese angesichts hoher Temperaturen beim Musizieren hält, ob sie nicht lieber im Schwimmbad wären und was ihre Anti-Hitze-Strategien sind, verraten Eliah und „Gee Gee“.
An diesem Sommertag tönt es in der Innenstadt von überall her. Musik dringt aus Ladengeschäften, in Straßencaffés klappert Geschirr und hier und da plätschern Brunnen vor sich hin. Lange Warteschlangen vor Eisdielen künden von einem heißen Tag. Unterhalb der Sebalduskirche musiziert ein Herr. Auskünfte mag er heute keine erteilen. Sagt’s, und verschreibt sich weiter seiner Kunst. Auf dem Hauptmarkt wird gefeilscht, Stimmen vermengen sich. Dann und wann klickt ein Kamera-Auslöser von Touristen, klackern Absätze auf dem Kopfsteinpflaster, begleitet von wechselseitigen Glockenspielen der Innenstadtkirchen.
Kurz vor dem Eingang zur U-Bahn-Station „Lorenzkirche“, ertönen Jazz-Klänge. Dort steht Eliah und spielt beidhändig auf seinem „Chapman-Stick“, einem gitarrenähnlichen Saiteninstrument. Passanten werden rasch auf seine Musik aufmerksam, bleiben stehen, lauschen. Eliahs Name sei ein biblischer, nur wollten seine Eltern die Schreibweise etwas anders gestalten. Sein Aussehen ist leger: Sonnenbrille, elegante dunkelblaue Weste, schwarze Hose und blaue Treckking-Sandalen. Ein hellbrauner Strohhut dient als Kopfbedeckung. Eliah kommt aus San Francisco, wuchs in Miami auf und lebt seit zwei Jahren in Nürnberg. Er tourt durch Deutschland, seine Musik spielt er Sommer wie Winter. Einen Beitrag zum Weltfrieden will er leisten, Liebe in die Herzen der Menschen bringen, professionelle Musiker beeindrucken. Seinen Musikstil beschreibt er als „funky, jazzy, progressive“ und richtet sich an Menschen, die Gitarrenmusik mögen. Mit „How deep is your love“ von den Bee Gees oder „Many rivers to cross“ von Jimmy Cliff hat er neue Lieder im Repertoire. Ihm gefällt „original music“, worunter er Carlos Santana und Jimmy Hendrix versteht. Kann er auch zum Läuten der Kirchenglocken improvisieren? Das sieht er als Herausforderung. Mal spielt er weiter, mal hält er kurz inne. Lohnt sich die Spielerei? Für Eliah sprang in der hiesigen Gastronomie ein Engagement heraus, da die Betreiber auf seine Straßenmusik aufmerksam wurden. Diese „good vibrations“ haben sie sich mit Eliah im Rahmen eines monatlichen Brunchs zu sich ins Restaurant geholt. Tagsüber, draußen in der Hitze, besteht seine Überlebensstrategie übrigens aus Schatten und veganer Kost. Obst und Gemüse bringen Erfrischung. Ob er bei diesen Temperaturen nicht lieber im Schwimmbad wäre? Er fühlt sich im Schatten bei einer leichten Stadtbrise wohl, also kein Schwimmbad. Allerdings: Wenn es ein Naturbad wäre, würde er doch lieber ins kühle Nass abtauchen.
Es ist mittlerweile Abend geworden, ein ausklingender Sommertag. Zwischen Lorenzkirche und Nassauer Haus ertönen Klänge von „Gee Gee Kettel“, mit bürgerlichem Namen Gerard George Kettel. Er singt, spielt Gitarre und Mundharmonika. Braungebrannt, mit Bermudas, Flip-Flops und Lederweste sitzt er dort. Nicht nur sein schwarzer Hut, auch seine Musik erinnert an Leonard Cohen. Er interpretiert „Suzanne“, setzt auf Folk, Blues und Balladen, spielt Bob Dylan und Cat Stevens. Seine sanfte, tiefe Stimme lockt die Menschen – in halbkreisähnlichen Gebilden umringen sie ihn, lauschen, machen Fotos. Charmant weiß Gee Gee mit seinem Publikum zu interagieren. Im aufgestellten Gitarrenkoffer sammeln sich Münzen, am Deckel sind bunte Bilder angepinnt: Destinationen, die er in der Welt schon bespielt hat. Ursprünglich kommt er aus dem Stuttgarter Raum, ein leichter sympathischer Akzent ist ihm im Deutschen haften geblieben. Er ist in der Welt herumgekommen, hat in Amerika gelebt und ist derzeit in Dänemark gemeldet. In Nürnberg spielt er schon viele Jahre und kommt immer wieder gerne. Die Leute sind offen, sagt er. Und das Glockenläuten? Damit es beim Spielen nicht stört, fand er schon die Tonart der Glocken heraus. Zu den Lorenzer Glocken spielt er „Hallelujah“ von Leonard Cohen. Bald werde er wieder weiterziehen. Wohin? „Ich mache keine Pläne“, er lässt sich ein bisschen treiben und lebt während seiner Musik-Touren im LKW. Ob sich das Spielen lohnt? „Man weiß es oft nicht vorher“, sagt Gee Gee, erzählt von einer täglichen Herausforderung. Manchmal kann ein „Flow“ entstehen, die Leute stecken sich gegenseitig an, dann geben viele etwas. Auch seine CDs stehen im Fokus.
Wie er es mit der Hitze hält? Er taucht gerne ab, wenn es so heiß ist, und sucht
einen See auf, wie beispielsweise die letzten paar Tage, unter der Woche. „Wenn es zu heiß ist, läuft‘s nicht.“ Jetzt ist er zum Spielen in der Stadt zurück. Freitag und Samstag arbeite er; da gehöre eine gewisse Disziplin für ihn dazu. Er kann es sich nicht leisten, an solchen Tagen am See zu sein. Seine Anti-Hitze-Strategie: Ein Schattenplatz und Wasser. Im Schatten käme heute eine leichte Brise durch. Nun packt er seine Ausrüstung zusammen und zieht mit seinem Fahrrad in nördliche Richtung weiter. Diesmal noch nicht in nördlichere Gefilde, zunächst erst einmal in Richtung Pegnitz-Brücke. Dort macht er Pause, um dann nochmals mit Liedern nachzulegen, bevor er bald wieder seinen LKW weiter steuern wird, um anderen Menschen seine Musik nahezubringen.
Text und Fotos: Diana Schmid