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Musikfest ION
Außergewöhnliche Klangerlebnisse
Die Jugendkantorei, die beim Musikfest ION mit der Gruppe Sjaella in St.Egidien bei einem „Fest junger Stimmen“ zu erleben ist.

Intendant Moritz Puschke hat ein Programm mit spannenden Begegnungen zusammengestellt.

Städte wie Salzburg oder Leipzig definieren sich gern als Musikstädte. Und Nürnberg? Brauche sich mit seiner Vielfalt an kleineren und größeren Festivals nicht dahinter zu verstecken, findet Moritz Puschke. Dabei denkt der künstlerische Leiter des Musikfests ION nicht nur an Klassik, sondern auch an Pop und Jazz oder das großartige Bardentreffen. Und natürlich an „sein“ Festival – das nur noch mit dem Kürzel an den früheren Namen „Internationale Orgelwoche Nürnberg“ erinnert. Auch weil es seine Fühler längst weit hinausstreckt über die Grenzen der Musica Sacra wie auch herkömmlicher Gattungen. Für diese 72. Festivalausgabe hat Puschke ein Programmpaket geschnürt, das überaus spannende Begegnungen und Hörerlebnisse verspricht: Vom 23. Juni bis 2. Juli umfasst es 22 Konzerte mit nationalen und internationalen Künstlern und Ensembles, zwei musikalischen Festgottesdiensten sowie etlichen begleitenden und vertiefenden Angeboten rund um das Jahresthema „HALT“. Wobei es weniger ums Fest-, als ums Innehalten geht – und um den Zusammenhalt. Fast alle Konzerte sind in den historischen Innenstadtkirchen zu erleben. Zum Auftakt treten 200 Nürnberger Kinder beim Projekt „SingBach“ auf, groovig begleitet vom Frank-Schlichter-Jazzensemble. Auch beim abendlichen Eröffnungskonzert trifft Bach auf Swing. St. Sebald bietet den stilvollen Raum und Rahmen unter anderem für eine Aufführung von Mendelssohns Oratorium „Elias“, für einen Dialog der großartigen Tallis Scholars und des betörenden Windsbacher Knabenchors oder – zum Finale – einer neuen Friedens-Ode, komponiert für Chor, Orgel, Solisten, und nicht zu vergessen die legendäre NDR-Bigband, die ebenso ihre Nürnberg-Premiere feiert, wie etwa die kroatische A-capella-Gruppe Metaklapa. Experimentell geht es in St. Egidien zu, wenn dort traditionelle Klänge aus Korsika auf Barockmusik und Töne aus der Moderne treffen. In St. Lorenz erklingt mit Monteverdis ehrwürdiger Marienvesper eines der großen ikonischen Werke der Geistlichen Musik. Zudem großartige Orgelmusik – und das jeden Mittag. Da die katholische Frauenkirche wegen einer umfangreichen Sanierung bis Jahresende geschlossen bleibt, setzen sich zu den traditionellen 12.15-Uhr-Konzerten renommierte Organistinnen und Organisten diesmal an den Spieltisch in St. Lorenz. Und sie huldigen unter anderem Max Reger zu seinem 150. Geburtstag. Unvergessliche Hörerlebnisse verspricht die Reihe „Nightflights“ an den späten Abenden kurz nach der Sommersonnwende. Nach der Premiere im vergangenen Jahr gibt es in einem Forum wiederum ergänzende und vertiefende Angebote zum Ausprobieren, Debattieren und Weiterdenken. Daneben sind Künstlerinnen und Künstler nicht nur eingeladen, „mal eben“ zu ihren Auftritten anzureisen, sondern ganz ebenso, um zu verweilen und in Workshops Impulse weiterzugeben, etwa einen Meisterkurs abzuhalten oder – wie das Frauenensemble Sjaella – mit der ökumenischen Kinder- und Jugendkantorei etwas Gemeinsames zu erarbeiten. Und schließlich: Digital kommt die ION direkt aufs Handy und auf den Computer nach Hause. Zum Beispiel mit dem Format „Haltestelle Musik“ auf der Internet-Plattform musikfest-ion.de. In kleinen Audiogrammen vermittelt Festivaldramaturg Oliver Geisler verständlich und unterhaltsam die Aspekte einzelne Werke, wichtige Begriffe und interessante Geschichten.

Text: Wolfgang Heilig-Achneck
Foto: ION