Allmächd!
Ein letzter Gruß

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir die Ehre erweisen und gemeinsam mit mir meinen Abschied im Rahmen des Abendgottesdienstes am 16. Juni um 18.30 Uhr mit anschließendem Empfang in der Kirche feiern würden.

Als vor ein paar Wochen der Schauspieler Michael Ande alias Kommissar Gerd Heymann in der ZDF-Krimireihe „Der Alte“ in den Ruhestand verabschiedet wurde (in der Folge „Paradiesvogel“) da wollte dieser – der Kommissar – ohne großes Aufhebens seinen Dienst beenden (ohne Sekt, ohne Geschenke, ohne Reden). Wie Sie es sich vielleicht denken können, bin ich ziemlich ähnlich gestrickt wie dieser Heymann: Ich mag Abschiede nicht besonders. Am liebsten wäre es mir, einfach zu gehen. Das fiele mir leichter, weil ich dann mit dem Schmerz besser umgehen könnte, den jeder Abschied mit sich bringt. Und ja, auch wenn es nur knappe vier Jahre gewesen waren, die ich an St. Lorenz und mit Ihnen, liebe Gemeinde, verbringen durfte (bei Heymann waren es immerhin 39 Jahre), so schmerzt es mich doch sehr, da ich Sie alle – und bitte sehen Sie es mir nach, wenn ich es etwas merkwürdig ausdrücke – sehr lieb gewonnen habe. Ich war gerne hier, gerne mit Ihnen zusammen, habe gerne Gottesdienste mit Ihnen gefeiert, war gerne in dieser Kirche. Es ist so vieles geschehen, so viele Begegnungen haben sich ereignet, die mein Leben bereichert haben, und dich ich nicht mehr missen möchte und die ich auch nicht vergessen werde. Und wenn die eine oder andere Begegnung mit mir auch eine Bereicherung für Sie war, dann habe ich meinen Dienst nicht umsonst getan und kann guten Gewissens gehen (wohlwissend, dass man nie allen gerecht werden kann und dass ich vielen vieles schuldig bleiben musste, worum ich nur um Verzeihung bitten kann). 

Na, werden sich da jetzt einige von Ihnen denken: Wenn er doch so gerne da war, warum bleibt er dann nicht länger? Das wäre eine wahrhaft knifflige Frage, die Sie mir da stellen würden. Darauf kann ich nur so antworten: Es zieht mich zu neuen Aufgaben. Ein neuer Dienst wartet auf mich, den ich mit Neugierde und Begeisterung antrete (genauso, wie vor vier Jahren in St. Lorenz). Zum 1. Juni übernehme ich eine halbe Stelle in der Ausbildung von Lektoren und Prädikanten in unserer Landeskirche. 

Aber damit bin ich nicht aus der Welt, geschweige denn von St. Lorenz für immer getrennt. St. Lorenz, wie könnt‘ ich deiner je vergessen? Nein, es wird mich immer wieder an diesen Ort ziehen und dann freue ich mich auf ein Wiedersehen mit Ihnen.

Und das passt zu meinem äußerst heimtückischen Plan, den ich Ihnen am Schluss doch noch verraten möchte: Ich gehe jetzt, um dann in zehn Jahren zurück zu kommen (wenn Claudia Voigt-Grabenstein längst Dekanin geworden ist und Susanne Bammessel vom Landeskirchenamt aus die Gäste- und Touristenseelsorge für ganz Bayern organisiert). Damit erspare ich mir allen Ärger um den Bau Lorenzer Platz 10 und komme gerade rechtzeitig zurück, um dann das (aufgrund fehlender Finanzmittel vielseitig abgespeckte) „Zentrum des bayerischen Protestantismus“ (so ähnlich, meine ich, hat es unser verehrter Herr Landesbischof bei seiner Grundsteinlegung doch gesagt) mit einzuweihen.

Wenn Sie sonst nichts von mir in Erinnerung behalten, dann doch wenigstens das eine: Ein Christsein ohne Humor ist eine ziemlich traurige Angelegenheit und bei unserer Botschaft (dem Evanglium!) einfach nicht vorstellbar.

Herzlichst

Ihr Pfarrer Thomas Melzl

(Foto: Madame Privé)