Pilgerforum
Pilgern mit Trauernden jetzt auch auf Jakobswegen in Franken und Schwaben.
Gehen – trauern – wandeln

Pilgern mit Trauernden jetzt auch auf Jakobswegen in Franken und Schwaben.
„Im letzten Sommer ist mein Mann verstorben – ein Herzschlag bei einer Wanderung, mitten im Wald. Er war kurz vor seinem Ruhestand, für den wir schon große Pläne hatten. Endlich sollten wir Zeit für uns haben, wir überlegten, ob wir gemeinsam auf den Jakobsweg gehen. Nun stehe ich allein da, muss mein Leben ganz neu ordnen. Jetzt möchte ich mich auf den Weg machen – mit ihm im Herzen.“

„Bis vor zwei Jahren lebten meine Frau und ich und unsere beiden Kinder ein sehr zufriedenes Leben. Dann wurde bei ihr Krebs diagnostiziert, es ging sehr schnell. Nun ist sie seit fast einem Jahr tot. Zeit für meine Trauer hatte ich noch nicht, erst musste alles organisiert, dann das Familienleben neu geordnet werden. Die Trauer meiner Kinder stand im Vordergrund. Aber nun muss ich mir mal Raum für mich nehmen, besonders jetzt, wo der erste Todestag naht.“

„Wir haben drei Kinder. Aber Johannes, der Kleinste, ist nicht mehr bei uns. Er starb letztes Jahr bei einem Verkehrsunfall. Eine Katastrophe für uns, die Familie ist fast daran zerbrochen. Ich gebe mir alle Mühe, weiterhin zu funktionieren, damit nicht noch mehr Unheil geschieht. Dabei zerreißt es mir fast das Herz, wenn ich an unseren Jüngsten denke.“

So oder ähnlich sehen die Lebenssituationen von Menschen aus, die sich mit uns zum Trauerpilgern aufmachen. Typische Geschichten gibt es nicht, jede Geschichte und Erfahrung ist einzigartig. Und dennoch, wenn wir uns gemeinsam auf den Weg machen, entdecken die Teilnehmenden sehr schnell, dass es zwischen ihren Lebenssituationen viele Ähnlichkeiten gibt. Menschen, die die Trauer von anderen nicht aushalten, glauben mit Floskeln wie: „Das wird schon wieder“ oder „Du musst halt loslassen lernen“ helfen zu können. Aber es wird eben „nicht wieder“, und loslassen möchte man das eigene Kind, das gestorben ist, den geliebten Menschen, nach dem man sich so sehnt, schon gar nicht. Angst kommt hinzu, Angst vor Feiertagen wie Weihnachten, Geburtstagen, dem wiederkehrenden Todestag. Dass die Trauernden damit nicht allein sind, sondern mit ähnlich Fühlenden auf einem Weg, gibt vielen Trost und Halt.

Die heilsame und wandelbare Kraft des Pilgerns gerade auch in Krisensituationen wie dem Tod eines geliebten Menschen zu erfahren, ist eine besondere Facette des Pilgerns. Bereits seit zehn Jahren sind Pilgerbegleiter Michael Kaminski sowie Trauerbegleiter Tobias Rilling und Trauerbegleiterinnen auf dem Münchner Jakobsweg mit Trauernden unterwegs. Etwa 120 Menschen, die jemanden durch Tod verloren haben, lernten auf diesem Weg, die Trauer um den Partner oder die Partnerin, um ein gestorbenes Kind oder einen anderen geliebten Menschen in ihr Leben zu integrieren und gleichzeitig dabei auch nach vorn zu schauen.

Da immer mehr Anfragen aus ganz Bayern und auch aus anderen Bundesländern bei den Trauerbegleitern landen, haben sich Kaminski und Rilling entschieden, auch einen Weg für Trauernde in Franken anzubieten.

Von Forchheim über Nürnberg nach Heilsbronn pilgern Trauernde auf dem Jakobsweg nun auch durch Franken, dabei ist das Pilgerzentrum St. Jakob in Nürnberg neu mit im Veranstalterverbund. Die Rahmenbedingungen bleiben jedoch gleich: Mehrere Tage wird jeweils etwa 25 Kilometer gepilgert, das Gepäck trägt jede und jeder selbst, übernachtet wird pilgergerecht in Mehrbettzimmern. Der Weg wird von spirituellen und biographischen Impulsen, Zeiten des Schweigens und des Austauschs, Morgensegen und Abendrunde begleitet. Die Tradition des Pilgerns auf Jakobswegen bildet dabei den bergenden Rahmen.

Wer sich vertieft für das Pilgern in Trauersituationen interessiert, kann in den Büchern von Tobias Rilling „Auf die Füße kommen – die Zeit der Trauer durchwandern“ (Kösel, 2013) und von Michael Kaminski „Pilgern mitten im Leben – wie deine Seele laufen lernt“ (Herder, 2016) nachlesen. Konkrete Informationen zu den neuen Pilgerangeboten erhalten Sie im Pilgerzentrum St. Jakob:

Terminvereinbarungen sind jederzeit unter Telefon 0911 47877225 oder per E-Mail unter pilgern@jakobskirche-nuernberg.de möglich).

Text: Michael Kaminski
Bilder: privat

GEHEN – TRAUERN – WANDELN:

Pilgern für Trauernde

Auf fränkischen Jakobswegen von Forchheim nach Heilsbronn:
24. bis 29. März 2018.

Auf dem Schwäbischen Jakobsweg von Bad Wörishofen nach Bad Grönenbach:
15. bis 17. Juni 2018.

Weitere Informationen und Anmeldung:
Evangelische Stadtakademie München
Telefon: 089 5490270
info@evstadtakademie.de