Kirche
„Warum helft ihr uns?“
„Warum helft ihr uns?“

Diese Frage ist beim Mittagstisch für die geflüchteten Menschen aus der Ukraine aufgekommen. 

Studierendenpfarrerin Tabea Baader hat dafür mehrere Antworten gefunden: „Weil die Not offensichtlich ist und weil das Leben durch persönliches Engagement zwar nicht einfacher, aber doch besser wird.“ Manche helfen wohl auch „zur eigenen Beruhigung oder aus Glaubensgründen“, meint die Theologin.

Tatsächlich gibt die Bibel eine Reihe von Hinweisen bei der Beantwortung der Frage: „Warum helft ihr uns?“ Mehrfach taucht dabei das alte Wort „Barmherzigkeit“ auf. In der Bergpredigt sagt Jesus: „Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.“ (Matthäusevangelium Kapitel 5).

Das Onlinelexikon „Wikipedia“ bezeichnet Barmherzigkeit als „eine Eigenschaft des menschlichen Charakters“. Demnach öffne ein barmherziger Mensch sein Herz für fremde Not „und nimmt sich ihrer mildtätig an“. Ein anderes Wort dafür ist die „tätige Nächstenliebe“.

 

Geschlagen, beraubt und gerettet

 

Besonders eindrücklich zeigt sich das bei der Erzählung vom „Barmherzigen Samariter“ im 10. Kapitel des Lukasevangeliums. Dort wird Jesus gefragt, was jemand tun müsse, um das ewige Leben zu erreichen. Jesus antwortet mit dem „Doppelgebot der Liebe“: sowohl Gott von ganzem Herzen zu lieben als auch seinen Nächsten wie sich selbst. Wie das gehe, erzählt Jesus am Beispiel eines Menschen, der auf dem Weg von Jerusalem nach Jericho geschlagen und beraubt wird. Dann wird er trotz lebensgefährlicher Verletzungen einfach liegen gelassen.

Für den früheren Diakoniepräsidenten Michael Bammessel ist diese Erzählung ein „Urtext der Diakonie mit einem Aspekt, der in seiner Schärfe bisher noch gar nicht gesehen wird“. Denn Jesus zeige an einem Menschen aus dem Land Samaria, einem Ausländer und Todfeind der Juden, wie er einem Juden helfe. In dieser völkerverbindenden Tradition sieht Bammessel die Arbeit von „Brot für die Welt“: „Die Stärke christlicher und diakonischer Arbeit ist die Partnerschaft mit Christen und Organisationen in anderen Ländern.“

 

Ein weiterer wichtiger Bibeltext sind die „Werke der Barmherzigkeit“, die Jesus im 25. Kapitel des Matthäusevangeliums aufzählt: Hungrigen zu essen geben, Durstigen zu trinken, Nackten Kleidung zu geben, Fremde aufzunehmen, sich um Kranke zu kümmern und sie zu pflegen, Menschen im Gefängnis zu besuchen und Sterbende zu begleiten.

 

Trost spenden

 

Siegfried Parche lebt in Schwabach und gehörte früher dem Leitungsteam der Rummelsberger Diakonengemeinschaft an: „In jeder geschichtlichen Tradition – so auch heute – ist es erforderlich, diese Werke zu konkretisieren.“ Als aktuelle Beispiele für barmherziges Handeln nennt er: „Geflüchtete aufnehmen, Entwurzelten eine Bleibe geben, vom Tod bedrohte Menschen retten und denen nahe sein und sie trösten, die in Angst und Trauer leben.“

An den „Werken der Barmherzigkeit“ erkennt der Theologe Günter Breitenbach aus Altdorf bei Nürnberg die „unerbittliche Forderung für die Einhaltung der Grundüberlebensrechte des Menschen“. Dazu zählt er „Essen, Trinken, warme Kleidung, ein Dach über dem Kopf, Freiheit, Gesundheitsfürsorge und am Ende ein würdiger Tod“.

 

Nicht umsonst stünden diese Grundbedürfnisse im Katalog der internationalen Menschenrechte noch vor der Religionsfreiheit, dem Wahlrecht, der Pressefreiheit und dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Breitenbach weist darauf hin: 

„Die Grundrechte allein helfen wenig. Es geht um die zweckfreie Zuwendung dort, wo kein Anspruch besteht.“

Aus Glaubensüberzeugung handeln

Demnach also an den Orten, wo sich Ehrenamtliche für Menschen in einer Notsituation einsetzen: Wenn sie andere beschenken beim „Obdachlosenfrühstück to go“ am Haus eckstein oder beim Mittagstisch für Geflüchtete in St. Egidien.

Bestärkt wird helfendes Handeln aus dieser Glaubensüberzeugung auch durch biblische Texte wie diesen aus dem 58. Kapitel des Jesajabuches: „Brich mit den Hungrigen dein Brot und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus.“

Text: Paul Schremser
Foto: Archiv St. Sebald