Gesellschaft
Der Klimawandel hat Nürnberg voll erfasst mit einschneidenden Folgen.
Abschied nehmen

Die Blätter färben sich bunt und fallen zu Boden – ein Vorgang, der sich im Herbst der gemäßigten Breiten seit Jahrtausenden wiederholt. Doch immer mehr Bäume werden bereits im Hochsommer gelb, obwohl doch die Herbstmonate immer milder werden. Ursache ist der rapide Klimawandel, der den Ballungsraum mit voller Härte trifft. Zählte das mittelfränkische Becken bisher schon zu den trockensten Gebieten Bayerns, bringen Jahrhundertsommer alle paar Jahre echtes Wüstenklima.

Viele heimische Bäume sind dem raschen Wandel nicht mehr gewachsen und sterben zu zigtausenden ab. Besonders deutlich wird das in den Innenstädten. Hier ist es grundsätzlich aufgrund von riesigen Asphalt- und Betonflächen schon mehrere Grad wärmer als im Umland. Bäume in winzigen Flächen zwischen Straßen und Gebäuden finden zudem kaum noch Wasser. Etliche Baumarten, wie Birken oder mancher Ahorn, werden wohl weitgehend verschwinden. Verzweifelt versuchen Kommunen, neue Baumarten zu finden, die Hitze und Trockenheit besser vertragen. Man wird sich an fremdländische Namen wie Amberbaum und Zürgelbaum gewöhnen müssen.

Noch dramatischer ist die Situation im benachbarten Reichswald. Hatte man vor einigen Jahren noch erwartet, dass die robuste Kiefer im Klimawandel wieder eine Chance hat, steht man heute vor dem größten Waldsterben seit dem sauren Regen in den achtziger Jahren.

Obwohl Kiefern viel Trockenheit vertragen, kommen sie mit der enormen Hitze nicht zurecht. Pilze und Käfer bringen die Bäume in kurzer Zeit zum Absterben. Von der Fichte als Baum der feuchten Gebirgslagen hatte sich die Forstwirtschaft schon länger gedanklich verabschiedet – aber die Kiefer? Große Teile des Reichswaldes werden noch heute vom einstigen Brotbaum geprägt.

Mittlerweile versuchen Förster auch hier, neue Bäume zu etablieren. Amerikanische Douglasie oder Esskastanie ist im Gespräch. Während ein Baum am innerstädtischen Straßenrand aber kaum Lebensraum für Insekten bietet, ist der Reichswald ein Eldorado für die heimische Tierwelt. Douglasien-Monokulturen sind wie die Maisfelder in der Landwirtschaft, nämlich artenarme Produktionsflächen, die das Insektensterben noch rapide beschleunigen. Der BUND Naturschutz mahnt daher, die heimischen Wälder mehr als CO2-Speicher zu nutzen.

Text: Wolfgang Dötsch, Diplom-Biologe, BUND Naturschutz Nürnberg

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