Kultur
Bekenntnis & Besinnung

Ouvertüre zum 500-Jahr-Jubiläum der Reformation

Was heißt Evangelisch-Sein heute? Was bedeutet christlicher Glaube im persönlichen Leben wie in Gesellschaft und Politik? Wie lässt er sich überzeugend leben und weitergeben? Und welche Gestalt soll(en) die Kirche(n) haben, ja sind sie nicht längst entbehrlich?

Fragen über Fragen: Wenn im kommenden Jahr in Deutschland und aller Welt „500 Jahre Reformation“ gefeiert werden, geht es eben nicht nur um die Erinnerung an weit zurückliegende Ereignisse, sondern – salopp gesagt – ums „Eingemachte“, um uns, darum, wie wir unser Leben verstehen und um allerhand brisante Fragen der Gegenwart. Die Vorbereitungen dazu laufen im Rahmen der sogenannten Lutherdekade schon seit fast zehn Jahren.

Nun aber steht der Auftakt zum eigentlichen Gedenkjahr an: Mit dem Reformationstag am 31. Oktober  läutet die evangelische Kirche das Jubiläum ein – und die evangelischen Gemeinden in der Nürnberger Altstadt beteiligen sich mit einem Reigen von Veranstaltungen, die sich fast zu einem ersten Schwerpunktprogramm verdichten. 

So wird zu den traditionellen Reformationsfeiern am Abend des 31. Oktober ein hochkarätiger Gast erwartet: Prof. Christoph Markschies, Kirchengeschichtler an der Berliner Humboldt-Universität und Vorsitzender der Theologischen Kammer der EKD, nimmt „Luther und die Bibel“ unter die Lupe und präsentiert Einsichten für heute.

Den Festvortrag gibt’s gleich im Doppelpack: in St. Sebald, wo die Feier um 19 Uhr beginnt, und eine Stunde später in St. Lorenz.

Bereits einige Tage zuvor stellt der international führende Kenner von Luthers engem Weggefährten Philipp Melanchthon in St. Egidien seine neue Biographie dieses für Nürnberg besonders bedeutenden Gelehrten als „Vermittler der Reformation“ vor (27. Oktober, 19 Uhr, s.a. Seite 30). Und am Sonntag, 30. Oktober bringen Regionalbischof Stefan Ark Nitsche, die Schauspielerin Adeline Schebesch und KMD Gerd Kötter Luther nach der neuen Ausgabe seiner Bibelübersetzung zum Jubiläumsjahr in einem Festgottesdienst zum Klingen – wiederum in St. Egidien (10.30 Uhr, s.a. Seite 31).

Den Höhepunkt in diesem Herbst markiert allerdings eine Ökumenische Feier, die als beispiellos gelten darf. Unter dem Titel „Heilung der Erinnerung“ (und auch durch Erinnerung) wollen der evangelische Regionalbischof Stefan Ark Nitsche und der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick Brücken über die historischen Gräben bauen, die die Konfessionen trennen.

Dabei baut die geplante Zeremonie auf zwei ökumenischen Begegnungen im Blick auf das Reformationsjubiläum auf: eine gemeinsame Tauferinnerung und eine Bekräftigung der gemeinsamen Verantwortung für die Eine Welt.

Dabei kann und soll es nicht darum gehen, die Unterschiede und Gräben einfach zuzuschütten oder für nebensächlich zu erklären, wie es manchen vorschwebt. Aber wo benannt und bekannt wird, wo sich beide Seiten, vor allem auch die maßgeblichen Vertreter der jeweiligen Institutionen, gegenseitig verachtet, verfolgt und verletzt haben – letztlich im Widerspruch zum Grundverständnis des eigenen Glaubens – wächst Hoffnung auf tiefere Gemeinsamkeit.

Ort und Zeit sind mit Bedacht gewählt: Am „evangelischen“ Buß- und Bettag, 16. November, begehen die Geistlichen und Gläubigen die Zeremonie in der Frauenkirche, seit genau 200 Jahren Mittelpunkt katholischen Lebens in Nürnberg. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch die Evangelische Studierendengemeinde (ESG) in ihrem Programm für das Wintersemester dem Erbe der Reformation ein besonderes Augenmerk widmet.

Text: Wolfgang Heilig-Achneck

Foto: Privat