Zum 500-jährigen Reformationsjubiläum werden in der Egidienkirche Werke des Künstlers Bruno Bradt präsentiert. Eine Position, die in ihrer Gesamtkonzeption zentrale reformatorische Anliegen aufgreifen.
Martin Luther wollte „dem Volk aufs Maul schauen“, um zu verstehen, was es beschäftigt, und um das Evangelium dann in seine Alltagssprache zu übersetzen. In Anlehnung an das bekannte Zitat lautet der Titel der Ausstellung in St. Egidien zum 500. Reformationsjubiläum „Dem Volk ins Gesicht geschaut“. Der Fürther Künstler Bruno Bradt zeichnet seit frühester Jugend Menschen. In der Ausstellung, die im Chor der Kirche präsentiert wird, werden vier Einzelwerke von ihm zusammengeführt, die dazu einladen, über den Menschen und seine Beziehung zu Gott nachzudenken.
Den Zugang zur Ausstellung bildet „David“. Gleich viermal wird auf Bildtafeln, die in ihrer Form an ein Triptychon erinnern, ein älterer Mann mit einer Zitatenkombination aus Psalm 18 in Beziehung gesetzt. Bradt greift mit der Zeichnung zum einen die konkrete Lebensgeschichte eines russischen Künstlerkollegen namens David auf; zum anderen wird darin auch die in den Psalmen zu Tage tretende Grundkonstante des leidenden und von Gott erretteten Menschen dargestellt.
Kern der Ausstellung ist die Arbeit „12“, mit unverkennbarem Anklang des Titels an die zwölf Apostel. Dargestellt sind jedoch keine Heroen von damals, sondern Personen, wie wir ihnen jeden Tag begegnen. Einigen ist der Künstler in der Heilsarmee begegnet und hat sie für das Projekt gewonnen. Als Dreizehnter mischt sich der Künstler selbst unter die „Gezeichneten“ und fordert mit dem direkten Blick zum Betrachter auf, sich zu den Dargestellten zu positionieren.
Was bedeutet es, einer von ihnen zu sein? So wie ich bin und mit allem, was mich ausmacht: Ebenbild Gottes und gleichzeitig vom Leben gezeichnet. Iustus et peccator. Gerechtfertigt vor Gott und Sünder zugleich. Wodurch?
Die Darstellung des gekreuzigten Christus am Ende des Chores führt zum Kern der reformatorischen Erkenntnis: Allein durch Christus! Glauben heißt, ihm und damit Gott zu vertrauen.
Eindringlich kommt das auch durch das letzte Werk der Ausstellung zur Geltung. Es ist dem Gekreuzigten gegenüber platziert. Schonungslos wird der Betrachter mit einem liegenden Menschen konfrontiert, der all seiner äußerlichen Attribute beraubt ist. Gleichzeitig erinnert die Darstellung an den Gekreuzigten. Mit dem Bild verarbeitet der Künstler eine leidvolle Erfahrung, bei der er erkennen musste, nichts mehr im Griff zu haben und ganz auf Gottes Gnade angewiesen zu sein. Sola Gratia – allein aus Gnade – der Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Gegenwart gelingt in Bildern.
Text: Martin Brons und Susanne Leutsch
Bilder: Bruno Bradt
INFOS ZUR AUSSTELLUNG
St. Egidien Nürnberg, Egidienplatz 12
Freitag, 13. Oktober – Sonntag, 5. November 2017
täglich von 9 bis 18 Uhr
Vernissage, Freitag 13. Oktober, 18.30 Uhr
Begrüßung: Pfarrer Martin Brons
Laudatio: Susanne Leutsch (Religionspädagogin)
Kunst-Gottesdienst, Sonntag, 22. Oktober, 10.30 Uhr
Pfarrer Martin Brons
Reformationstag, 31. Oktober, 14 Uhr
Gottesdienst zusammen mit der Gebärdengemeinde mit szenischer Erschließung der Kunstwerke.
Es besteht auch außerhalb der Vernissage die Möglichkeit, mit dem Künstler Bruno Bradt ins Gespräch zu kommen.Bei Interesse kontaktieren Sie ihn gerne zur Terminvereinbarung unter bruno_bradt@web.de.
Eine Kooperation der Kulturkirche St. Egidien zusammen mit dem „Nürnberger Kulturbeirat zugewanderter Deutscher“.