Kultur
Zwischenräume ökumenisch verbunden
Drei Altstadtkirchen arbeiten zusammen

Wer nach Nürnberg kommt, tut das vielleicht des leckeren Essens wegen: Bratwürstchen und Lebkuchen gibt´s an der Pegnitz zu jeder Jahreszeit. Auch „shoppen“ kann man ganz gut in der überschaubaren Innenstadt. Wer darüber hinaus an Geschichte interessiert ist, findet hier bedeutende Zeugnisse aus der Zeit des Mittelalters, der Blütezeit dieser Stadt. Andererseits ist auch eine qualifizierte Auseinandersetzung mit der Zeit des „Dritten Reiches“ möglich: das Doku-Zentrum, der Saal 600 in der Fürther Straße oder auch die „Straße der Menschenrechte“ am Germanischen Nationalmuseum stehen dafür.
Erfahrungsgemäß sind es jedoch zunächst drei Orte der Altstadt, nach denen Nürnberg-Touristen fragen: Die Burg, der Hauptmarkt und die großen Kirchen.

Was uns verbindet – der „Zwischen-Raum“ auf dem Weg zwischen den Kirchen

Da ist es nur logisch, dass wir, die wir diese Kirchen für Gäste erschließen – in St. Sebald, der Frauenkirche und St. Lorenz – gut zusammenarbeiten. Kirchenführungen für Gäste – das gibt es schon seit langem. Bereits in den 70er Jahren begannen Pfarrer und Diakone, regelmäßig Führungen durch die Kirchen anzubieten. Besonderes Highlight war die Initiative „Heilige Meile“ oder auch manche „Stadt(ver)führung“. Zwei oder sogar drei Kirchen konnten zu einem bestimmten Thema aufgesucht und einzelne Kunstwerke darin vergleichend begriffen werden. Dabei waren übrigens immer schon auch die Kirchen St. Martha, St. Klara, St. Jakob und St. Elisabeth, sowie der historisch älteste Kirchenort, St. Egidien, das alte Schottenkloster Nürnbergs, mit im Blick. Die Themen „Portale“, „Kreuzigungsgruppen“ oder „Mariendarstellungen“ boten sich an – und das in allen Kirchen, ob sie nun (heute) evangelisch oder katholisch sind. Oft war gerade der Weg „dazwischen“ besonders geeignet, das Gesehene zu vertiefen. Im Gehen kommt manches erst in Gang. Die Gespräche, die sich unter den Teilnehmenden dabei entwickelten, waren mindestens so fruchtbar, wie das gemeinsame Betrachten eines Kunstwerks im jeweiligen Kirchen-Innenraum.

St. Sebald und die Frauenkirche verband seit Jahrzehnten eine gewachsene Ökumene durch (kirchen)jahreszeitlich vorgegebene Anlässe wie Waldweihnacht, Kreuzwege, Bibelabende. Der Weg über den Hauptmarkt ist kurz und geeignet, Ökumene in der Stadtgesellschaft deutlich sichtbar zu machen.

Im Bereich der Gästearbeit gehört St. Lorenz, allein schon aufgrund hoher Besucherzahlen (750 000 Gäste pro Jahr) unbedingt dazu: ein unschätzbarer Vorteil, da wir mit gemeinsamen Fortbildungsprogrammen – 2016 verständlicherweise mit Karl IV. im Zentrum – leichter sehr gute Referenten gewinnen können. Gemeinsame Ausflüge – vor einigen Jahren in die Stadt der Reformation, Augsburg, nach Schwäbisch Gmünd, der Heimat Peter Parlers, 2015 nach Aschaffenburg und zuletzt Ende Mai 2016 nach Prag spielen eine große Rolle.
Reformationsjubiläum 2017 als Chance

Wir alle freuen uns auf gemeinsame Führungen zum Abschluss der Reformationsdekade und auf die Vorbereitung durch unsere Referenten. Wir glauben, dass so das Gedenken an 1517 fruchtbar wird, Geschehenes besser verstanden werden kann und wir gemeinsam und überzeugend „Einheit in der Vielfalt“ zeigen können. Die Aufgabe bleibt und kann auch durch Kirchenführungen und Präsenzdienstarbeit in den Kirchen zum Leuchten gebracht werden: Ermutigung zu Respekt, Wertschätzung und Liebe.

Über die Jahre sind unter den Kirchenführerinnen und Kirchenführern der drei Kirchen auch wertvolle persönliche Kontakte gewachsen. Ökumenisches Miteinander erlebt man hier in großer Offenheit und Selbstverständlichkeit. Wir könnten vieles geschichtlich Gewachsene ja gar nicht verstehen ohne die jeweils andere Konfession.

Ob zu Beginn eines Jahres beim Neujahrsempfang aller drei Kirchenführungs-Teams oder im Sommer im Biergarten – wir feiern auch gerne zusammen!

Ausbildung zur Kirchenführerin und zum Kirchenführer ab 2018

Ein Glück, dass es in Nürnberg und im Großraum der Stadt viele Menschen gibt, deren Herz so sehr für die historischen Kirchen und ihre Kunstschätze schlägt, dass sie Lust haben, ehrenamtlich Führungen durch St. Lorenz, die Frauenkirche und St. Sebald (und natürlich auch auf die Türme) anzubieten!
Sie werden dafür in Kirchenführungskursen ausgebildet, die sich über mehrere Monate erstrecken und eine Fülle von Themen behandeln. Die Geschichte der Stadt Nürnberg und des Patriziats, die Entstehung der Kirchen und ihre Baugeschichte werden ebenso besprochen wie die biblischen und historischen Hintergründe bestimmter Motive und die künstlerische Gestaltung von Gemälden

rungsgestaltung und Führungspädagogik, denn: manchmal ist es gar nicht so einfach, das eigene, vielfältige Wissen verständlich an Gäste weiterzugeben.

Bereits seit 2013 bieten St. Lorenz und St. Sebald die Ausbildungskurse gemeinsam an. Der nächste Kurs (ab 2018) soll nun erstmalig von allen drei Kirchen durchgeführt und verantwortet werden. Vor allem im Hinblick auf ihre künstlerische Ausstattung weisen sie weit mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede auf: wichtige Motive tauchen immer wieder auf, einzelne Künstler waren in mehreren der Kirchen tätig und alle drei spiegeln bis heute das kirchliche Leben Nürnbergs im 14. bis 16. Jahrhundert – und natürlich bis in unsere Tage.
Im Rahmen der Kirchenführungsausbildung können deshalb viele Themen gemeinsam behandelt werden, es gibt aber auch Abende, an denen die spezifischen Besonderheiten der einzelnen Kirchen im Mittelpunkt stehen.
Für diejenigen, die bereits seit Jahren oder Jahrzehnten Führungen übernehmen, ist es mittlerweile selbstverständlich geworden, sich mit den „Aktiven“ der anderen Kirchen fortzubilden und auszutauschen.
Konfessionelle Grenzen spielen dabei – das merken wir alle immer wieder – keine Rolle. Ganz im Gegenteil. Es macht Spaß, die eigenen Führungserfahrungen auszutauschen und immer wieder vom Wissen der anderen zu profitieren!

Text: Petra Seegets – St. Sebald; Viktoria Huck – Frauenkirche; Susanne Bammessel – St. Lorenz; Foto: Susanne Bammessel