Titelthema
Meir Shalev – das erste Mal

Meir Shalev, Aller Anfang. Die erste Liebe, das erste Lachen, der erste Traum und andere erste Male in der Bibel. Im Anfang war das Wort. Aber wer gab wem den ersten Kuss? Worüber wurde zum ersten Mal gelacht, zum ersten Mal geweint? Wer empfand den ersten Hass? Wovon handelte der erste Traum? Meir Shalev spürt in der Bibel den ›ersten Malen‹ nach – mit überraschenden Ergebnissen.

GEWINNSPIEL

Unter allen Lesern der Citykirche, die folgende Frage richtig beantworten können, verlosen wir vier Ausgaben von Meir Shalevs „Aller Anfang“:

Wem galt das erste Lachen?

Antwort an: Citykirche, Steinstr. 21, 90419 Nürnberg

Einsendeschluss ist der 6. Januar 2016, keine Barauszahlung und der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Meir Shalev, Aller Anfang.

Die erste Liebe, das erste Lachen, der erste Traum und andere erste Male in der Bibel. Diogenes Verlag Zürich 2010, 380 S., ISBN 978-3-257-06748-4, Euro 22.90.

Der große israelische Romancier porträtiert in seinem zweiten Buch über das Buch der Bücher die Menschen, die das Glück oder auch das Pech hatten die ersten Male unserer Existenz zu erleben: die erste Liebe, das erste Lachen, das erste Träumen, den ersten Hass, das erste Gesetz. Dabei hält er in seinen Erzählungen mit Witz, psychologischem Gespür und großem Respekt vor dem biblischen Wort viele feine Überraschungen und originelle Deutungen selbst für Bibelkenner parat. „Der erste Tod der Bibel beispielsweise ist kein natürlicher Tod, das erste Weinen ist weder das eines Neugeborenen noch das trauernder Eltern, die ein Kind verloren haben, noch das Weinen eines unglücklich Liebenden. Den ersten Traum träumt keine große Gestalt der Nationalgeschichte, sondern ein recht unbedeutender Philisterkönig“ so macht einem das Vorwort Appetit zur Lektüre des Buches.

In den einzelnen Kapiteln entwickelt Shalev die Themen ausgehend von den jeweiligen Begriffen für „das Erste“, die er dann erzählerisch durch die Bibel entfaltet, ihre Veränderung schildert und kapitelübergreifend vernetzt, wodurch er gleichzeitig eine Art biblischer Theologie des Alten Testamentes, teils mit kühnen Thesen, aber immer im Zwiegespräch mit großen jüdischen Gelehrten, nachzeichnet.

Der Begriff der Liebe taucht zum Beispiel zum ersten Mal zwischen Vater und Sohn auf und spielt dagegen zwischen Mann und Frau in der Schöpfungsgeschichte keine Rolle.

Das erste Lachen gilt Abraham und Sara. Sie bricht in Lachen aus, als ihnen im hohen Alter gesagt wird, sie bekämen ein Kind. Das Lachen der fast Hundertjährigen ist nicht nur das erste, sondern auch das einzige im Alten Testament.

Gerade in diesem Kapitel wird deutlich, wie sehr das Buch auch durch die Leerstellen der Bibel fasziniert, in die wir unsere Lebensgeschichten einzeichnen können. Meir Shalev füllt sie beispielsweise bei Abraham und Sara mit einem ausführlichen Schwenk auf das Thema der Unfruchtbarkeit als wichtigem und wiederkehrendem biblischen Thema. Lakonisch stellt er fest, dass es allerdings immer nur im Zusammenhang mit Frauen erwähnt wird. Warum? Shalevs Antwort zeigt, warum sein schönes Buch mehr als einmal auch zum Lachen animiert: „Die Bibel ist von Männern über Männer und für Männer verfasst, und es gibt Themen, die Männer nicht gern erörtern, gewiss nicht in aller Öffentlichkeit.“

 

Man mag nicht alle Einfälle Shalevs zutreffend finden, sein neuer Blick auf alte Geschichten des Alten Testaments entlockt diesem aber neue Bedeutungen. Manche von ihnen kann der christliche Leser unschwer auf das Neue Testament hin ausweiten und sich selbst mit diesem neuen Blick auf Entdeckungsreise begeben. Diesen neuen Blick wünsche ich Ihnen auch für „das erste Mal“, das wir an Weihnachten feiern. Sie können es Matthäus 1–2, Lukas 1–2 und Johannes 1 nachlesen.

(Text: Martin Brons, Bild: Diogenes)