Innenstadt
Pegida
Pegida

Sie geben sich aus als „besorgte Bürger“, tun so, als hätten sie bisher kaum je die Möglichkeit gehabt, ihre Gefühle und Einstellungen kundzutun – und betreiben systematische Hetze. Zielscheiben sind vor allem „der“ Islam, die sogenannten etablierten Parteien und das, was sie als „Mainstream-Medien“ geißeln. Unter dem Titel „Pegida“ melden sie von Zeit zu Zeit auch in Nürnberg Kundgebungen und Umzüge an – jeweils begleitet von scharfen und lautstarken Protesten.
Das ist, wie sich zuletzt im März bei einem Pegida-Auftritt auf dem Platz zwischen
St. Elisabeth und St. Jakob zeigte, auch eine Herausforderung für unsere Gemeinden und Kirchen. St. Jakob lud zu einem Friedensgebet ein und läutete dazu die Glocken – übrigens keine neue Erfindung. Gerade in der Nürnberger Innenstadt haben Kirchengemeinden schon früher, etwa bei Kundgebungen der NPD und der Republikaner, wiederholt auf diese Weise ihre Stimme erhoben. Denn das ist ihr ureigenster Auftrag, ihre Mission, gerade in der Stadt. Vor allem angesichts scharfer politischer Auseinandersetzungen und drohender Tiraden, die Menschen eher gegeneinander aufbringen, statt gegenseitiges Verständnis und Respekt zu fördern, bringen Friedensgebete buchstäblich einen anderen Ton ins Spiel. Freilich wollen und sollen dadurch Konflikte nicht etwa zugedeckt und zugunsten eines „faulen Friedens“ übertüncht werden, vielmehr mahnen Friedensgebete zur Prüfung der Geister und zu Einkehr und Umkehr. Genau davon wollen die Pegida-Aktivisten offenkundig nichts wissen: In einer Aggressivität, wie sie bisher noch nicht zu beobachten war, traten sie gegen St. Jakob eine Schlammlawine übler Beschimpfungen los. Die Innenstadtgemeinden empfinden das letztlich als einen Affront, der alle trifft und treffen kann: Gerade im noch bevorstehenden Landtagswahlkampf kann das Pegida-Theater – ohne das der Bewegung jede öffentliche Aufmerksamkeit versagt bliebe – jede Kirchengemeinde „treffen“. St. Jakob muss und soll sich – wie jede andere damit konfrontierte Gemeinde – auf die Solidarität der ganzen Stadtkirche verlassen können. Zumal die verbalen Attacken aus den Pegida-Reihen vermutlich gesteuert waren und schon im Ton in fataler Weise an die Angriffe der NS-Propagandisten gegen Kirchenvertreter nach 1933 erinnern, übrigens nicht nur gegen solche der bekennenden Kirche. Und was, wenn da draußen vor der Kirche auch Christen stehen? Haben nicht auch sie das Recht, sich auf Pegida-Kundgebungen erst einmal sozusagen unverbindlich zu informieren? Oder vielleicht, sich auch umstrittene oder heikle Positionen zu eigen zu machen, etwa eine kritische Distanz gegenüber „dem“ Islam (den es so einfach gar nicht gibt)? Selbstverständlich steht das jedem zu. Klar muss aber auch sein: Pegida ist nicht mehr neu – die „Unschuld“ ist längst vorbei. Und die Nürnberger Anhänger folgen in zentralen Punkten ausdrücklich ihren Dresdner Freunden. Das ist nicht verboten – aber mit christlichem Grundüberzeugungen nicht unter einen Hut zu bringen. Dazu muss übrigens gar nicht die anspruchsvolle Nächstenliebe bemüht werden. Es genügt, Pegida & Co. an das Gebot zu erinnern, nicht „falsch Zeugnis zu reden“. Kirchen und Gemeinden sollten, auch im Blick auf den Landtagswahlkampf, vielleicht noch deutlicher klare Kante zeigen: Wer ernsthaft Christ sein will, kann und darf sich mit Pegida & Co. nicht gemein machen. Anders gesagt: Wo Pegida, auch die AfD oder noch weiter rechts stehende (wie übrigens auch linksextreme) Gruppierungen Vorurteile schüren und Menschen, zumal Flüchtlinge, verunglimpfen oder mit rassistischen oder antisemitischen Äußerungen provozieren, müssen Christen unmissverständlich Contra geben.

 

Text: Wolfgang Heilig-Achneck