Musiktipp
Die Kunst der Fuge
Pfingstkonzert in St. Sebald

„Die Kunst der Fuge“ ist wohl zu Beginn der 1740er Jahre entstanden. Eine frühe Fassung ist um 1742 nachweisbar (1. Reinschrift). 1742-1746 unternimmt Bach eine Revision einzelner und die Zufügung neuer Sätze, so führt er u.a. eine neue Themenvariante mit erweiterten Modulationsmöglichkeiten ein.
1747 gibt er dem Zyklus den endgültigen Titel „Die Kunst der Fuge“. Den letzten Satz komponiert er 1748/49 kurz vor seinem Tod, vollendet ihn aber aus unbekannten Gründen nicht. „Die Kunst der Fuge“ wird als einziges großformatiges, zeitgenössisches Werk 1751 veröffentlicht, die vorherige Druckvorbereitung indes besorgt er noch vor seinem Tod 1750. Der frühe Druck ist immerhin ein Indiz für die überragende Bedeutung dieses großartigen Zyklus.

Bach war über seine vertraglichen Verpflichtungen hinaus ein gefragter Lehrer und Orgelsachverständiger, was ihn dazu anhielt, an selbst gestellte Aufgaben systematisch mit wissenschaftlichem Anspruch heranzugehen. Der Kompositionsstil nach dem Prinzip Kontrapunkt, d.h. ein „dynamisches Miteinander melodisch und rhythmisch unterschiedlicher Stimmen“ hat ihn zeitlebens beschäftigt und sich auf alle anderen Gattungen ausgewirkt. Großen Einfluss hatte hierbei Dietrich Buxtehude: er schulte Bach an praktischen Anwendungen, wie er es dann selbst seinen Schülern abverlangte.

Das Konzept der Behandlung eines einzigen Themas (Monothematik) in einem großen Zyklus bewirkt indes ein vollkommen neues, nie dagewesenes Vorhaben. Vorarbeiten gibt es im „Wohltemperierten Klavier“ und in den „Goldberg-Variationen“ mit der Erprobung monothematischen Arbeitens. Doch schon die Entwicklung des Themas für ein derart umfangreiches Kompendium erfordert weitsichtiges vorausschauendes Planen, das allein schon eine großartige Leistung darstellt. Es ist in der Tat ein ganz spezielles Projekt aufgrund der durch den Kontrapunkt geregelten Abfolge von Konsonanzen und Dissonanzen, deren ausgeklügeltes Verhältnis die immanente Spannung produziert.

Bach präsentiert die Vielfalt an Möglichkeiten zur Durchführung und Technik des zwei-, drei- und vierstimmigen Kontrapunkts und führt damit die Bewahrung zeitloser Gültigkeit des Kontrapunkts über alle neuen Entwicklungen und Richtungen hinweg. Die Fugenkomposition stellt dabei das Paradebeispiel für Prinzipien des Kontrapunkts dar.
Bach schrieb ursprünglich 14 Sätze, die er später auf 18 (14 Fugen und 4 Kanons) erweiterte. Jeder Satz sollte eine oder mehrere Prinzipien des Kontrapunkts zeigen und eine in sich geschlossen Fugenform erzielen. Die Anordnung der Sätze erfolgte hierbei nach steigendem Schwierigkeitsgrad und wachsender Vielfalt der kompositorischen Verarbeitung. Zur Bezeichnung der Sätze wählte er die übliche lateinische bzw. italienische Terminologie. Das Thema in d-Moll wird unter dem Eindruck zunehmender Variationen und rhythmisch-metrischer Gestaltung der einzelnen Sätze zunehmend belebter, wobei sich gerade in der thematischen Arbeit der Einfluss verschiedener Stile manifestiert. Die Ausdehnung des harmonischen Spektrums treibt er bis zur Einarbeitung seines Namens B-A-C-H als chromatisches Motiv. Mit der schließlich gedruckten letzten Fassung Sätze vollendet er die Umorganisation des Werks zum überwältigenden „Lehrbuch der Fugenkomposition“, das einerseits der musikalische Höhepunkt seines kontrapunktischen Werks ist, andererseits die nachfolgender Generationen mit dieser Kompositionstechnik bis heute beschäftigt. Stilistisch und kompositionstechnisch findet sich keine Parallele unter seinen Zeitgenossen.

Wie alle seine Musik hat Bach das Werk zur Ehre Gottes und den Menschen zum Gefallen geschrieben und der Menschheit damit für alle Zeiten ein geniales Werk geschenkt, das nun wieder in St. Sebald zu hören ist.

Karten zum Preis von 16 € (erm. 11 €) bei allen Vorverkaufsstellen und unter www.reservix.de sowie an der Abendkasse.

Text: Axel Emmerling
Foto: Archiv St. Sebald