Interview
„Soli Deo Gloria“

Mehr als 20 Jahre hat Bernhard Buttmann die Kirchenmusik an 
St. Sebald geprägt. Anfang Oktober geht er in den Ruhestand. Andrea Franke hat sich mit ihm für die Citykirche getroffen.

Früher Nachmittag, eine Location am Hauptmarkt. Buttmann erscheint heiter konzentriert im Sakko mit stilvollem Schal. Sofort herrscht elegante Kaffeehausatmosphäre.

Herr Buttmann, unumgänglich ist die Frage nach Ihrem Rückblick auf St. Sebald.
Mein erster Kontakt mit dieser Hochburg protestantischer Kirchenmusik reicht ins Jahr 1983 zurück, dem Brahms-Gedenkjahr, als ich bei einem Kirchenmusikerkongress – damals noch Student – sein Orgelwerk spielen durfte, weit entfernt von dem Gedanken, dort einmal beruflich vor Anker zu gehen.

2002 war es dann soweit. Was waren die Highlights Ihrer 20-jährigen Tätigkeit?
Das ist schwer zu sagen, ohne andere musikalische Ereignisse abzuwerten. Auf den Konzertsektor bezogen waren es, neben dem „Ordinarium“ stets wiederkehrender Werke, die ausgefalleneren Projekte wie Brittens „War Requiem“, am 8. Mai 2005, zum 60. Jahrestag des Kriegsendes, der Reger-Abend 2016 oder der jetzt vor seinem Abschluss stehende Bach-Zyklus.
Welche besonderen Herausforderungen haben sich Ihnen gestellt?
Aufgrund seiner hohen Verweildauer ist der Kirchenmusiker eine Konstante im Gemeindeleben. So galt es, innerhalb eines klar definierten Leitbilds, Traditionen zu pflegen, dabei eigene Akzente zu setzen und einen hohen Qualitätsanspruch in einem Umfeld aufrechtzuerhalten, der von Laienstrukturen bestimmt ist. Aber ohne sich von den zum Teil dramatischen kirchlichen Entwicklungen verunsichern zu lassen.

Was sind Ihre musikalischen Favoriten?
Keine. Ich habe mich immer nur der Qualität verpflichtet gefühlt in einem breiten musikalischen Spektrum. Es ging nie um „l´art pour l´art“, sondern um die dienende Funktion der Musik im Sinne des „Soli Deo Gloria“ (Gott allein sei die Ehre – Anmerkung der Redaktion). Das war immer mein Anspruch.

Werfen Sie mal einen Blick nach vorn.
Die Kirchenmusik befindet sich in einer rasanten Entwicklung. Dabei bilden sich Schwerpunkte heraus, die ich zum Teil nur mit Erstaunen zur Kenntnis nehme. Wenn ich mir die Ausschreibung für meine Nachfolge ansehe (schmunzelt): Ich hätte heute nicht den Hauch einer Chance.

Werden Sie etwas vermissen und womit werden Sie sich künftig beschäftigen?
Ich kann sagen, was ich am wenigsten vermissen werde: die Temperaturen in St. Sebald. Aber Spaß beiseite. Ich werde viel Klavier spielen, denn bei Beethoven, Schubert, Schumann, Brahms und anderen gibt es noch viel für mich zu tun. Als Musiker wird man geboren und lebt man. Daran ändert auch der Ruhestand nichts. Das ist kein Beruf, sondern eine Lebensform bis zum letzten Atemzug.

Interview: Andrea Franke
Fotos: Uwe Grassmé und Paul Schremser

Info
Bernhard Buttmann wird im Festgottesdienst zum Erntedankfest am 1. Oktober um 10 Uhr in St. Sebald verabschiedet.