Kultur
Trost am St. Johannisfriedhof
Trost am St. Johannisfriedhof
Epitaph von Gottlieb Trost

Neben dem 300. Jahrestag der Weihe der barocken Egidienkirche feiert Nürnberg in diesem Jahr auch das 500-jährige Bestehen der Friedhöfe St. Johannis und St. Rochus als Begräbnisorte für die Nürnberger Bürger. Beide Jubiläen verbinden sich exemplarisch mit der Grabstätte des Erbauers der Egidienkirche, Gottlieb Trost, die sich auf dem St. Johannisfriedhof befindet. Der jüngere Sohn des Architekten Johann Trost wurde 1700 als Nachfolger seines Vaters als Baumeister im Nürnberger Almosenamt berufen. Zuvor hatte er in königlich-polnischen Diensten gestanden. Der Obrist-Leutnant der Artillerie des Fränkischen Kreises war auch als Kartograph tätig. Nach seiner Ernennung zum Zeugmeister 1707 fügte er dem alten Zeughaus einen Anbau zu, der bei den Zeitgenossen große Bewunderung hervorrief und für den er sogar von Kaiser Karl VI. mit dessen Portrait und einer goldenen Kette geehrt wurde. Dieser Anbau ist heute ebenso verschwunden wie das von Trost erbaute Haus der Familie Tetzel am Egidienberg. Immer noch zu bewundern ist aber sein architektonisches Hauptwerk, der 1711–1718 durchgeführte Bau der von Johann Trost geplanten Egidienkirche. Dessen alte Entwürfe hatte er „als Successor“ des Vaters „noch in vielen Stücken verbessert“, das heißt, dem gewandelten Zeitgeschmack angepasst. Trost überlebte die Vollendung der Egidienkirche nur um zehn Jahre. Sein hohes Ansehen in Nürnberg spiegelte sich in dem Ratsverlass nach seinem Tod am 14. Juni 1728 aus, der die Einzelheiten seiner Bestattung festlegte. Darin wurden ausdrücklich Trosts „große Meriten und Qualitäten“ gewürdigt. Ihm wurde daher eine „Leichtpredigt verstattet“ – um diese hatte Trost den Prediger an St. Sebald und Theologie-Professor am Egidiengymnasium Gustav Philipp Mörl, als „seinen vertrauten Freund und Lehrer“ gebeten. Der Rat gewährte ihm als Offizier der Stadtmiliz ein Begräbnis mit großem militärischen Geleit – allerdings mit dem Vorbehalt, dass dieses nur aufgrund der großen Verdienste des Verstorbenen erfolge und keiner seiner Nachfolger im Amt Ansprüche daraus ableiten könne. Trosts Grabstätte auf dem Nürnberger St. Johannisfriedhof (IC / 005 a, vgl. Abb. 1) lässt von seinem hohen militärischen Rang nichts ahnen. Vermutlich wollte sich Trost aber mit einem ausgesprochen individuell gestalteten Grabstein ein Denkmal als Architekt setzen. Für seine Autorschaft am Monument spricht sein wie eine Signatur in die Ostseite des Steins eingemeißeltes Baumeisterzeichen (Abb. 2). Allein schon die Höhe des Monuments hebt es aus der Menge der einheitlich gestalteten Sandsteinblöcke des St. Johannisfriedhofs heraus. Zwar hatte sich im Verlauf der Barockzeit eine reichere Profilierung der ursprünglich quaderförmigen Steine eingebürgert, aber der Trost’sche Stein geht mit seiner einem Postament ähnelnden Form weit darüber hinaus. Vier flache Voluten begleiten einen mittleren Aufbau, dessen Ecken vier Blumenranken umspielen. Die gebogene Deckplatte des Aufbaus trägt das eigentliche Epitaph. Auch dieses unterscheidet sich von der in Nürnberg üblichen Form der mehr oder weniger reich dekorierten, rechteckigen oder ovalen Inschrifttafel. Zwei metallene Inschriftzeilen sind kreuzförmig angeordnet. Darin ist in erhabenen, ehemals vergoldeten Buchstaben zu lesen: „Schau deinen Trost am Creutze tod So findst du Trost in Todes Noth.“ (Abb. 3) Am Kreuzungspunkt beider Inschrift ist jeweils das Wort „Trost“ angeordnet und gibt so den einzigen Hinweis auf den Namen des hier Bestatteten. Vielleicht hat der Theologe Mörl den Freund bei der Abfassung dieses Reimspruchs beraten. Der Text wirkt nämlich wie ein Anklang an die 10. Strophe von Paul Gerhardts Kirchenlied „O Haupt voll Blut und Wunden“:   „Erscheine mir zum Schilde / zum Trost in meinem Tod / und lass mich sehn dein Bilde / in deiner Kreuzesnot…“ (Evang. Gesangbuch, Nr. 85) Die kunstvolle Verschränkung beider Textzeilen mit der zentralen Akzentuierung  des Wortes „Trost“, das in seiner Doppelbedeutung zum Ersten die Verheißung des Trostes in Todesnot verkündet und zum Zweiten den Namen des Grabinhabers preisgibt, zeugt von der typisch barocken Lust an kunstvoller Wortspielerei und ihrer entsprechenden optischen Umsetzung.

 

Text: Claudia Maué

Fotos: Claudia Maué, Madame Privé

Grabstätte von Gottlieb Trost, Johannisfriedhof, (IC / 005 a)
Baumeisterzeichen von Gottlieb Trost an seinem Grabstein

Über die Autorin Dr. Claudia Maué Heimatpflegerin der Stadt Nürnberg