Zu Besuch bei den Krippenfreunden
Es geht hier überhaupt nicht weihnachtlich zu. Da wird gesägt, gebohrt, geschraubt und geschmirgelt. Zweimal in der Woche treffen sich die Krippenfreunde in ihrer Werkstatt. Die ist im Hinterhof eines Altbaus in Fürth. Auch wenn es im ersten Moment chaotisch aussieht: Der Chef Klaus Gebhardt hat hier alles im Blick. Seit neun Jahren ist er der 1. Vorsitzende des Vereins. Vor dem Ruhestand war er für eine Bank tätig. Das Arbeiten mit Holz habe ihn aber schon sein ganzes Leben fasziniert, sagt Gebhardt: „Wenn es ein Gebäude nicht mehr gibt, weil es im Krieg zerstört wurde, nehme ich mir alte Fotos oder Zeichnungen als Vorlage und baue es maßstabsgetreu nach.“ So wird die biblische Weihnachtsgeschichte von Bethlehem einfach mal auf den Marktplatz der Stadt Langenzenn verlegt, wo der 66-Jährige zu Hause ist. Vom 1. Dezember bis 7. Januar stellen die Krippenfreunde in der Kulturkirche St. Egidien aus. Und das bereits seit 1989. Maria, Josef und das neugeborene Jesuskind finden sich dort mal in orientalischer Umgebung wieder, mal im Umfeld fränkischer Fachwerkhäuser.
Erwischt vom „Krippenvirus“
Vorstand Gebhardt freut sich, dass die Mitgliederzahl steigt. Das liegt wohl an dem Krippenbaukurs, den der Verein regelmäßig anbietet, Auch er selbst hat vor vielen Jahren diesen Kurs besucht. Augenzwinkernd sagt er, seither „vom Krippenvirus“ erwischt worden zu sein. Allerdings werden nicht nur neue Krippen gebaut, sondern auch historische wieder restauriert. „Sie werden bearbeitet, mit Elektronik ausgestattet und dann verkauft, wenn derjenige einverstanden ist, der uns die Krippe geschenkt hat“, weist Gebhardt auf eine wichtige Einnahmequelle des Vereins hin. Oft könnten Angehörige von Verstorbenen mit der alten Krippe nichts anfangen und geben sie dem Verein ab. Im Gedächtnis geblieben sei ihm ein Mann mittleren Alters, der die Wohnung seines verstorbenen Vaters räumen musste, so Klaus Gebhardt: „Im Wohnzimmer war eine riesengroße Weihnachtskrippe aufgebaut. Das war das Lebenswerk des Vaters.“ Offenbar war sie jedes Jahr vergrößert worden. Die Weihnachtsgeschichte aus den Evangelien sei mit rund dreißig „Heidefiguren“ aus Südtirol dargestellt worden: „Die kosten über 100 Euro das Stück.“ Allein für den Abbau und Transport der Krippe seien zwei Kombi-Pkw nötig gewesen.
Mit ruhiger Hand
Während in der Werkstatt vor allem Männer tätig sind, wird es in den oberen Stockwerken beschaulicher. Mit ruhiger Hand malt Hannelore Utz die Gesichter für die Rauschgoldengel. Sie gehören zur fränkischen Tradition oben am Weihnachtsbaum. Schon seit dreißig Jahren ist Utz Mitglied bei den Krippenfreunden: „Die Beschäftigung mit den Engeln hält mich aufrecht“, sagt die 83-Jährige, die seit einem Jahr Witwe ist. Dann zeigt sie voller Stolz eine „Passionskrippe“ in einem Straußenei, das geöffnet werden kann. Es zeigt im Inneren die Leidensgeschichte Jesu und auf der Rückseite seine Auferstehung. Die Ausstellung in St. Egidien zeigt diesmal eine besondere Krippe. In ihr werden Lebensstationen des Franz von Assisi dargestellt. Der Gründer des Franziskanerordens galt lange Zeit auch als Begründer der heutigen Weihnachtskrippen. Inzwischen sehen das nicht mehr alle Historiker so. Gesichert ist aber, dass Franz 1223 das Weihnachtsgeschehen mit Menschen und Tieren dargestellt hat, anstelle der damals üblichen Predigt in Latein.
Kaiserin verbietet Krippen in den Kirchen
Im 13. und 14. Jahrhundert breiten sich geschnitzte Krippen in Italien aus. Ab dem 16. Jahrhundert stellen Ordensleute Krippen während der beiden wichtigsten Feste Weihnachten und Ostern in Kirchen des deutschsprachigen Raums auf. Bald werden in den Kreisen des Adels Hauskrippen populär. Außerhalb der katholischen Gebiete bezieht die evangelisch geprägte Herrnhuter Brüdergemeinde (bei Görlitz in Sachsen) Krippendarstellungen in ihre Weihnachtsgottesdienste ein. Eine Zäsur markiert das Verbot zum Aufstellen von Krippen im Kirchenraum durch die Habsburger Kaiserin Maria Theresia und ihren Sohn Josef II. im Jahr 1782. Die Darstellung der Weihnachtsgeschichte sei „lächerlich“ und „kindisch“. Doch wegen dieses Verbots, das später wieder aufgehoben wurde, werden die Krippen seither im privaten Umfeld aufgestellt. Anstelle von Holzschnitzereien wird nun auch preiswerteres Material wie Pappmaschee verwendet. Die „von Bodelschwinghschen Anstalten“ in Bethel, bis heute eine große diakonische Einrichtung in Bielefeld, führen im 20. Jahrhundert den Brauch ein, unter dem Tannenbaum eine Weihnachtskrippe aufzubauen. Das hat bis heute in vielen Familien Tradition.
Die ganze Bandbreite des Krippenbaus
Die Nürnberg-Fürther Krippenfreunde bauen das ganze Jahr. Höhepunkt ist die Ausstellung in der Kulturkirche St. Egidien. Klaus Gebhardt erklärt: „Wir stellen die ganze Bandbreite des Krippenbaus aus.“ Zu sehen seien heimatliche Krippen, aber auch orientalische, alte restaurierte und ganz moderne. Besonders stolz ist der Vereinsvorsitzende auf die 22 großen Krippen, die bis Anfang Januar ihren Platz in der Egidienkirche haben werden.
Text: Paul Schremser
Fotos: Helmut Preis, Paul Schremser
info
Ausstellung der Nürnberg-Fürther Krippenfreunde
vom 1. Dezember bis 7. Januar in der Kulturkirche St. Egidien
Öffnungszeiten: täglich von 11 bis 17 Uhr,
außer 24., 25. und 31. Dezember, am 1. Januar ab 13.30 Uhr.
Eintritt: 3 €.
Freier Eintritt für Kinder bis 14 Jahre und Inhaber der „Nürnberg-Card“.