Themengeschichte
Apokalypse now
Apokalypse now

Das letzte Buch der Bibel ist ohne theologischen Kommentar kaum verständlich. So bleibt es für viele ein „Buch mit sieben Siegeln“, um einen Vers daraus zu zitieren (Offenbarung 5,1). 

Vielen Generationen von Menschen hat die Offenbarung des Johannes mit ihren schweren Bildern Angst gemacht, dabei ist sie eigentlich als Trostbüchlein gedacht.  

Der Autor der Johannesoffenbarung ist auch vermutlich nicht der Evangelist oder Jünger Johannes, sondern ein anderer Mann gleichen Namens. Dieser Johannes war ein römischer Staatsbürger, bekam aber bald Ärger mit dem Staat. Er war nämlich Christ und dazu Seher und Visionär.

 

Johannes hatte viel durchmachen müssen. Im Rahmen einer Christenverfolgung im Römischen Reich hatte er wohl hautnah erlebt, was es heißt, geliebte Menschen zu verlieren. Viele Menschen aus seiner Familie, seinem Freundeskreis und seiner Gemeinde wurden getötet. Dazu war Johannes auf eine einsame Insel mit Namen Patmos verbannt worden.

Patmos war am Ende des 1. Jahrhunderts nach Christus das Exil für Menschen, die dem römischen Staat gefährlich wurden, aber nicht umgebracht werden durften. Und dort fristete Johannes sein trauriges, einsames Dasein, getrennt von seinen Lieben … bis er eine Vision hatte.

Der Inhalt dieser Vision ist: Gott kümmert sich um seine Kirche und die Gläubigen. Gott hat einen guten Plan (und ein gutes Ende) für uns alle.

Johannes zückt die Feder und schreibt diese Vision auf. Und er verpackt sie in eine literarische Form, die im ersten Jahrhundert weit- verbreitet war: eine Offenbarung. Das ist eine mit vielen Anspielungen aufs Alte Testament gespickte Geheimsprache. Vielleicht wollte er damit die römischen Beamten und Christenverfolger überlisten. Die aber lasen nur die vermeintlich wirren Zeilen und erkannten nicht die politisch-religiöse Dimension. 

Vielleicht nutzte er auch diese Gattung der Offenbarung, weil sie besonders geeignet war, um seine hoffnungsvolle Botschaft in der traurigen Zeit der Christenverfolgung zu verkünden.
Was er verkündigt, ist aber auch heute noch topaktuell!

Johannes sagt in Offenbarung 5: „Die Weltgeschichte und alles, was ihr persönlich erleben müsst, ist wie ein verschlossenes Buch.“

Damals: die Verfolgungen, das Töten, die Kriege. Wir können darauf blicken – aber den wahren Inhalt, den Sinn dahinter erkennen wir nicht. Wir sehen oberflächlich, was vor sich geht – aber die inneren Zusammenhänge verstehen wir nicht. Es bleibt ein Geheimnis, wie ein verschlossenes Buch, von dem wir nur den Einband sehen. Doch dabei bleibt es nicht. In seiner Vision kann das Buch mit den sieben Siegeln doch noch geöffnet werden und es gibt Antworten auf alle unsere Fragen.

In der geheimnisvollen Bildsprache der Offenbarung wird der Buchöffner, der große Aufschlüssler, als ein Löwe und ein Lamm geschildert, ein mysteriöses Tier mit sieben Hörnern und sieben Augen. Auch hier verwendet Johannes wieder Bildsprache aus dem Alten Testament. Die Sieben ist die Zahl der Vollkommenheit.

Dieser Löwe ist der erwartete Messias. Das Lamm ist der tatsächliche Messias Jesus, wie er lebte und starb. Advent und Passion, das Erwartete und das Gekommene, gehören für Johannes eng zusammen.

Und er will mit diesem Bild hauptsächlich sagen: In Jesus Christus sind alle sieben Siegel dieses Buches geöffnet. Die Geheimnisse der Welt bleiben keine Verschlusssache, sondern sie werden uns offenbart. In Jesus Christus zeigt uns Gott, was der Sinn für unser Leben sein kann: sich den Armen und Unterdrückten zuzuwenden in der Hoffnung, dass Gottes Reich schon angebrochen ist.

In Jesus Christus schenkt uns Gott Trost in allem Leid: Die Weinenden sollen getröstet werden. Jesus Christus ist gestorben und auferstanden, um allen mitzuteilen: Es gibt ein Leben nach dem Tod. Wir werden bei Gott aufgehoben sein. Das ewige Leben ist etwas, worauf wir uns freuen dürfen. In Jesus Christus zeigt uns Gott sein wahres Ich: Als Gott der Liebe, der für uns Menschen da ist.

Und selbst für die Dinge, deren Sinn wir nicht direkt erkennen, verspricht uns der Seher Johannes: da ist ein Sinn dahinter! Gott hält einen Sinn für jeden und jede von euch sowie für seinen und ihren Lebensweg bereit. Selbst wenn wir Menschen ihn nicht erkennen können, so gibt es ihn doch – er steht in diesem Buch. Ich kann mir vorstellen, dass das den verfolgten Christen große Hoffnung gemacht hat.

So haben sie erfahren: In allem Leid sind wir von Gott getragen, der mit uns seinen großen Plan verfolgt. Unsere Fragen können von Gott beantwortet werden und unsere Sorgen von ihm getröstet. Gott hat für uns etwas ganz Wundervolles vor: „Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein.“ (Offenbahrung 21,4)

Text: Hannes Schott
Artikelfotos: iStockphoto.com