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Besuch an der Krippe

St. Jakob
Der Distelfink im Jakober Hochaltar

Ein Engel schaut nach unten und schlägt besorgt die Hände vors Gesicht: Denn den kleinen Jesus zwickt ein Vogel in den Finger. Es ist ein Distelfink, der so heißt, weil er anscheinend Disteln mag. „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ gilt nicht nur für die Engel, sondern auch für diesen Vogel. Und durch diese Leidenschaft für piksende Pflanzen wurde er bei mittelalterlichen Malern zu einem Symbol für die Passion Christi. Der Meister des Hochaltars von St. Jakob, dieser unbekannte gotische Maler, der ca. 1360 bis 1370 diesen Altar bemalt hat, wollte wohl sagen: Geburt und Passion Jesu gehören zusammen. Gott kommt nah und ist auch in allem Schmerz bei uns und hilft uns. Im Jakober Hochaltar hat Jesus einen anderen Finger im Mund. Hat ihn der Vogel etwa noch ein zweites Mal gebissen? Maria scheint milde darüber zu lächeln. So schlimm ist das alles anscheinend doch nicht.

Text: Hannes Schott
Foto: Oberfränkischer Ansichtskartenverlag

 

St. Sebald
Eine Schnecke an der Krippe

In einer fränkischen Kirche haben Kinder die Krippe aus Ton gestaltet. Neben Maria, Josef und Co. haben sie auch eine Schnecke mit hineingeschmuggelt. Beim Zug der Hirten und Könige zur Krippe ist die Schnecke weit hinten abgeblieben. Vermutlich kommt sie erst an, wenn nach Weihnachten alles schon wieder abgeräumt ist. Aber das stört die Schnecke nicht. Sie ist sich ihres Zieles sicher und sie hat Zeit. Das Jesuskind wird auf sie warten. Weihnachten ist nicht nur für die Schnellen, die als Erstes da sind. Sondern auch für alle, die sich im Schneckentempo auf den Weg machen; im Schneckenhaus ihrer Sehnsucht. An Weihnachten feiern wir, dass Gott zu uns gekommen ist. Er wartet auf uns, ganz gleich, in welchem Tempo wir unterwegs sind. In der Sebalduskirche schleichen die berühmten Schnecken nicht zur Krippe. Sie tragen das Grab des Stadtpatrons St. Sebald.

Text: Annette Lichtenfeld
Foto: privat

 

St. Lorenz
Aber hier fehlt doch noch was

Allzu viele Weihnachtsbilder gibt es in der Lorenzkirche nicht. Aber immerhin einige, und die sind dann umso bedeutender. Das Dürer-Bild hängt zentral im Hallenchor; eher versteckt ist die Geburtsszene auf dem Sakristeialtar, und dann aber wieder prominent und epochal die Szene auf dem Pleydenwurffschen Dreikönigsaltar. Aber was auf allen diesen Krippenszenen fehlt, ist: die Krippe. Als unsere Kirche künstlerisch ausgestattet wurde, war es üblich, Maria nach der Geburt betend zu malen. In antiker Gebetshaltung hält sie den Heiland am Herzen, während das Baby auf ihrem Mantel zu Füßen liegt. Das war damals üblich und wurde nicht hinterfragt. Manchmal deuten Pflanzen das Geschehen symbolisch an (Dreikönigsaltar) oder Engel, die das Kind halten (Paumgartneraltar), Ochs und Esel sind auch da (Sakristeialtar), aber die Krippe gehörte nicht zum Standard des Spätmittelalters.

Text: Jan Martin Depner
Foto: privat