Kirchentag
Kirchentag
Das Feierabendmahl in St. Sebald 1979

Christian Dannenfeldt, Jahrgang 1941, erinnert sich.

Herr Dannenfeldt, Sie waren beim Kirchentag 1979 mit Leib und Seele dabei und haben viele gute Erinnerungen … Oh ja. Dieser Kirchentag war ein sehr prägendes Erlebnis. Nicht nur für mich. Viele ältere Menschen erzählen begeistert von den großen Feierabendmahlen, die damals gefeiert wurden. Waren Sie auch dabei? Selbstverständlich! In St. Lorenz wurde ein riesiges Feierabendmahl gefeiert. Bei uns in St. Sebald waren nicht ganz so viele Menschen, aber dennoch war das sehr groß und unvergesslich. Viele Gemeinden feierten es auf sehr unterschiedliche Weise. Wie kam es dazu? Bereits in den Jahren vor dem Kirchentag kam es zu einer Wiederentdeckung des Abendmahls und dadurch zu einer Veränderung des Abendmahlsverständnisses und auch der Frömmigkeit. So wurden neue Bezüge gesucht und gefunden. Und wie sah die Feier in der Kirche dann aus? Alle Bänke wurden im Mittelschiff abgebaut und in den Seitenschiffen aufgestellt. Den dadurch freigewordenen Raum füllten lange Tafeln mit Stühlen. Alles wurde festlich gedeckt mit Tischdecken, Kerzenleuchtern und Blumenschmuck. Weingläser mit Rotwein standen an jedem Platz und Platten mit Käse und Schinken waren verteilt. Es sah wunderschön aus! Circa 300 Menschen fanden so Platz an den Tischen, immer je 25 Personen an einem Tisch. Und die Feier selbst? Das Abendmahl wurde zunächst liturgisch eingesetzt. Zuerst wurde Brot ausgeteilt. Für jeden Tisch war eine Sebalderin oder ein Sebalder verantwortlich, holte das Brot vom Altar und teilte es am Tisch mit allen anderen. Danach wurde gegessen und getrunken. Einander völlig fremde Menschen kamen intensiv miteinander ins Gespräch. Dazu gab es festliche Tafelmusik von der Orgel und Lesungen von Gedichten. Erst zum Abschluss des Essens und der Feier wurde der Wein vom Abendmahl ausgeteilt. Wieder wurde an jedem Tisch ein Kelch geteilt. Das klingt wirklich schön, aber auch sehr aufwendig in der Vorbereitung. Ja, das war es auch. Wir hatten Mühe, so viele Kelche auszuleihen aus vielen Gemeinden. Die Gruppe „Alleinerziehende Frauen“ hatte mit großem Einsatz das Essen für so viele Menschen hergerichtet. Alle Mitarbeitenden waren mit großer Begeisterung dabei. Hat das Essen denn gereicht? Es kamen viel mehr Menschen als erwartet. Circa 400 Personen nahmen noch in den Bänken in den Seitenschiffen Platz. Jeder Tisch teilte sein Essen mit denen, die keinen Platz mehr an den Tafeln gefunden hatten. So reichte es für alle – wie bei der biblischen Brotvermehrung. Was war für Sie das Prägendste? Es gäbe noch viel zu erzählen. Aber die strahlenden Gesichter, die festliche Atmosphäre und die erhebende Stimmung in der berstend vollen Sebalduskirche werde ich nie vergessen.

Interview: Annette Lichtenfeld
Porträtfoto: Annette Lichtenfeld
Foto: privat