Kirchentag
Kirchentag
Museen beleuchten Migration früher und heute

Internationales Ausstellungsprojekt gastiert im Stadtmuseum Fembohaus

Menschen werden verschleppt wie einst das Volk Israel nach Babylon. Oder sie folgen einer Verheißung und brechen auf zu neuen Ufern, streifen alte Fesseln ab und hoffen auf ein besseres Leben in Freiheit. Auch das hat das Volk Israel erfahren, wie beispielhaft die hochdramatische Geschichte vom Auszug aus Ägypten erzählt. Freiwillige und erzwungene Wanderungen über ganze Kontinente hinweg ziehen sich durch die Geschichte. Heute spannt sich der Bogen von Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien, Irak und Afghanistan bis zu wohl einer Million Ukrainerinnen und Ukrainern, die Schutz vor dem russischen Kriegsterror suchen. Und in anderen Teilen der Welt sind noch weit mehr Menschen notgedrungen unterwegs auf der Suche nach Sicherheit und der Hoffnung auf nacktes Überleben. Migration ist längst eines der beherrschenden Themen unserer Zeit – und wahrscheinlich erst recht der Zukunft. Nicht nur, aber doch auch, weil es als eigener Beitrag besonders gut passt, widmen zum Nürnberger Kirchentag zwei Museen in der Stadt aktuelle Sonderausstellungen dem Verlust von und der Suche nach Heimat, traumatischen Trennungen und Visionen einer glücklicheren Existenz. Mit „Horizonte – Geschichten und Zukunft der Migration“ spannt das Germanische Nationalmuseum Nürnberg von Ende März bis zum 10. September einen riesigen Bogen von der Steinzeit bis hin zu Weltraumvisionen. „Der Aufbruch ins Unbekannte ist eine menschliche Grunderfahrung – und Teil jeder Familiengeschichte. Der Weg zu neuen Horizonten erfordert Mut“, heißt es in der Vorschau. Anhand von Objekten aus der eigenen wie aus internationalen Sammlungen stellt die Sonderschau beispielhaft Einzelschicksale vor, etwa das der Kinderbuchautorin Judith Kerr sowie der Künstler Frank Auerbach und Gerhard Richter. Die Gründe für einen Aufbruch ins oft Ungewisse, aber getragen von Hoffnung, sind vielfältig – neben der Flucht vor Krieg und Naturkatastrophen sind es immer wieder auch persönliche Umstände wie etwa fehlende Arbeitsmöglichkeiten und Berufsperspektiven, aber auch persönliche Beziehungen und familiäre Verhältnisse. Um die Gründe und Motive geht es natürlich auch bei der zweiten Ausstellung, aber auch um das „Gegenstück“,nämlich die Aufnahme in anderen Städten und Ländern: „Evangelische Migrationsgeschichte(n)“ werden zum Kirchentag im Nürnberger Stadtmuseum Fembohaus vorgestellt. Es ist eine kompakte Zusammenschau eines bisher wohl einmaligen internationalen Projekts. Zehn protestantische Museen aus sechs Ländern – Frankreich, Österreich, Rumänien, Ungarn, Slowenien und Deutschland – erarbeiten jeweils eigenständige Ausstellungen rund um Auswanderung aus Glaubensgründen, Religionsfreiheit und die Gründung neuer Existenzen. Ein eigener Beitrag kommt aus dem Frankenmuth Historical Museum im US-Bundesstaat Michigan, wohin es viele fränkische Siedler zog. Ein Querschnitt, sozusagen eine Best-of-Auswahl, fügt sich ins bunte Kulturprogramm zum Kirchentag ein. Bereits im Frühjahr erscheint ein umfangreicher Begleitband. Die Koordination des auch aus EU-Mitteln geförderten Projekts liegt in Händen des Erlanger Vereins „Bildung evangelisch in Europa“.

Text: Wolfgang Heilig-Achneck
Foto: wikimedia.org