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Es geht um die Zukunft – Kandidat*innen mit frischen Ideen gesucht

Kandidat*innen mit frischen Ideen gesucht

In diesem Jahr stehen fünf Wahlen an. Am 9. Juni wird ein neues Europaparlament gewählt. Und im September wird es Landtagswahlen geben in Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Abgeschlossen wird das Wahljahr am 20. Oktober: Dann werden in ganz Bayern neue Kirchenvorstände gewählt. Pfarrer Martin Simon bereitet seit Monaten die Kirchenvorstandswahl 2024 vor. Er leitet das Referat „Gemeindeleitung und Kirchenvorstand“ im Amt für Gemeindedienst in Nürnberg. Alle paar Minuten läutet bei ihm das Telefon oder es treffen Anfragen in seinem E-Mail-Briefkasten ein. Geduldig beantwortet er alles rund um die Kirchenvorstandswahl und die Suche nach Kandidierenden.

Wahlmotto: „Stimm für Kirche“
„Die Kampagne steht“, sagt der Pfarrer selbstbewusst, und: „Gemeinsam mit einer Agentur sind das Wahlmotto Stimm für Kirche und die Werbestrategie entstanden.“ Eine junge Frau vor einem Graffiti mit Engelsflügeln, ein Mann im Rollstuhl, eine fröhliche Seniorin und die Stadtansicht von der Freiung der Kaiserburg: Mit solchen Motiven wird auf Internetseiten, in den sozialen Medien, in der Citykirche und in Schaukästen auf die Wahl hingewiesen.

Denn es geht um etwas. Kirchenvorsteher*innen entscheiden den Weg der Gemeinde und damit auch der ganzen Kirche bis ins Jahr 2030. Simon spricht von „gemeinsamer Gemeindeleitung“. Das ist deshalb so, weil im Kirchenvorstand Hauptamtliche mit gewählten und berufenen Ehrenamtlichen an einem Tisch sitzen.

Bessere Zusammenarbeit der Gemeinden
Bei den Diskussionen gehe es keineswegs nur um Verwaltungsfragen, erklärt der 60-Jährige, sondern um Antworten zum Gemeindeleben: „Wo sollen Akzente gesetzt werden? Welche Gottesdienste werden angeboten? Was ist die beste Uhrzeit dafür?“ Es gehe darum, das vorhandene Geld und die Immobilien sinnvoll einzusetzen. Angesichts der abnehmenden Mitgliederzahlen werde in Zukunft auch zu klären sein, wie einzelne Kirchengemeinden besser zusammenarbeiten können. In einem ist sich Simon sicher: „Die Zeiten sind vorbei, in denen jede Gemeinde das volle Programm stemmen musste.“ Dass Kirchenvorstandsarbeit Spaß machen kann, erfährt der Theologe in vielen persönlichen Gesprächen. „Auch wenn dicke Bretter zu bohren sind und manchmal der Weg zu einer guten Entscheidung lang ist, tut das der Freude keinen Abbruch.“ Dann ergänzt er: „Weil die Menschen mit dem Herzen dabei sind und erkennen, dass sie gemeinsam etwas bewirken können.“

Erster Schritt: Kandidat*innen finden
Wer gern Projekte im Team entwickelt, gemeinsam Lösungen für Probleme finden möchte und dann in der Lage sei, diese Entscheidungen mitzutragen, habe „ideale Vor- aussetzungen für eine Kandidatur“, weiß Martin Simon. Aber er kennt auch die Bedenken, die gegen die Wahlperiode von sechs Jahren erhoben werden: „Gerade hochengagierte Menschen haben keine Langeweile, sondern werden vielfältig in Anspruch genommen.“ Eine so lange Zeitspanne mitzuarbeiten, könne niemand mehr garantieren, der sich zur Wahl aufstellen lässt. Deshalb gebe es die Möglichkeit, aus persönlichen, familiären oder beruflichen Gründen vorzeitig aus dem Kirchenvorstand auszuscheiden „und zwar erhobenen Hauptes“. Andererseits habe es sich bewährt, diese sechs Jahre zu haben, weiß Simon: „Im ersten Jahr rauft sich der Kirchenvorstand zusammen und im letzten Jahr ist er damit beschäftigt, die Dinge abzuschließen.“ Die Zeit dazwischen nennt er „das Filetstück der Kirchenvorstandsperiode“. Dennoch rechnet er damit, dass sich die Kirchenleitung bald nach der Wahl damit beschäftigen würde, „die Kirchenvorstandsarbeit neu zu erfinden, damit sie der veränderten Gesellschaft gerecht wird“.

Die künftige Rolle der Kirche
Schließlich nimmt die gesellschaftliche Bedeutung der ehemals großen Volkskirchen in Deutschland ab, auch wegen eigener Fehler in der Vergangenheit. Deshalb erwartet Simon für die Zukunft, dass die Kirchenvorstände „in einer kleiner werdenden Kirche mit geringeren Ressourcen manchmal harte Entscheidungen treffen müssen.“ Trotzdem ist er zuversichtlich. Der Nürnberger Kirchentag im letzten Jahr habe gezeigt: „Wir sind eine Kirche, die viel bewegen kann und eine wichtige Rolle in der Stadtgesellschaft spielt.“

Text: Paul Schremser
Fotos: stimmfuerkirche.de

Info

Die Kirchenvorstandswahl am 20. Oktober wird vom Vertrauensausschuss vorbereitet. Die Mitglieder dieses Ausschusses sind vom Kirchenvorstand bestimmt worden. Bis Ende Juni werden die Namenslisten der Kandidierenden zusammengestellt und am 7. Juli veröffentlicht.

Jedes Gemeindemitglied kann dem Vertrauensausschuss Vorschläge machen. Auch wer selbst kandidieren möchte, wendet sich an ein Mitglied des Vertrauensausschusses, wie die bzw. den geschäftsführende*n Pfarrer*in oder die Vertrauensperson des Kirchenvorstands. Wählbar sind alle Gemeindemitglieder, die am Wahltag 18 Jahre alt sind. Wählen können alle, die am Wahltag mindestens 16 Jahre alt sind und seit drei Monaten der Kirchengemeinde angehören. Konfirmierte Jugendliche haben das Wahlrecht bereits mit 14 Jahren.

Neben den gewählten Kirchenvorsteher*innen können auch noch Gemeindemitglieder berufen werden, die mindestens 16 Jahre alt sind.

Informationen zur Wahl und einen „KV-Wahl-Check“ für Menschen, die an der Mitarbeit im Kirchenvorstand interessiert sind gibt es unter: stimmfuerkirche.de