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Guter Ton

An meine Berufsausbildung zur Keramikerin bin ich eher durch Zufall gekommen. Ich mochte meine Kunstlehrerin und habe in der Oberstufe zum ersten Mal mit dem Material Ton gearbeitet.

Dort habe ich wie so viele die Erfahrung gemacht: Ton beruhigt, Ton erdet, Ton lässt den Kopf laufen. Den Ton zwischen den Fingern, den Effekt des plastischen Materials zwischen den Händen, das hat es mir angetan. Gut ein Jahr später stand ich in Landshut am Beginn meiner dreijährigen Lehre zur Keramikerin.

Mein Bild von Ton verändert sich von Jahr zu Jahr. Das technische Wissen über Tonminerale, Plastizität, Struktur der Tonplättchen und verschiedene Möglichkeiten der Tonaufbereitung lassen mich ganz anders mit dem Material umgehen. Es ist kein gedankenloses Formen mehr, ich arbeite jetzt – wie eine Handwerkerin das eben tut – mit professionellem Blick, technischen Zeichnungen und einer klaren Gestaltungsidee auf das Stück hin, das ich zuvor entworfen habe.

Neben all dem technischen Wissen hat mich der Ton auch einiges fürs Leben gelehrt – Frustrationstoleranz, das Ablegen des Perfektionismus, eine ganz andere Art der Konzentration und vor allem: Geduld. Ton hat eine eigene Geschwindigkeit. Wer zu schnell arbeitet, die Masse zu schnell zerrt oder quetscht, das Material zu schnell trocknet oder die Brennkurve zu schnell setzt, erntet vor allem Risse. Mir tut diese entschleunigende Wirkung des Materials gut. Und so wächst der Traum in mir, in einer eigenen Werkstatt meinen Alltag voll und ganz dem Ton zu widmen.

Was macht nun einen „guten Ton“ aus?
Ton kann so verschieden sein und sollte – je nach Formgebungstechnik – andere Eigenschaften mit sich bringen. Zum Drehen an der Töpferscheibe ist Ton mit einer mittleren bis hohen Plastizität gut geeignet. Für zarte Hände ist es am angenehmsten, wenn der Ton mit feinen Schamotten angemischt wurde. Wenn man jedoch große Objekte aufbauen möchte wie etwa Ofenkacheln oder Pflanztröge, braucht man die Stabilität, die grobe Schamotte der Tonmasse verleihen können.

Guter Ton ist technisch gesehen also davon abhängig, was man mit ihm vorhat. Wenn man den Blick eher darauf wirft, was das Arbeiten mit Ton mit der kunstschaffenden, kreativen, werkelnden Person macht, so hat die technische Qualität aus meiner Sicht keinen hohen Stellenwert, sondern es geht vielmehr um den Prozess in Hand, Kopf und Herz.

 

Text und Fotos: Lotta Lefherz
Instagram:     @lottalefherz