Gesellschaft
PaarWeise – Teil VI

Bis dass der Tod euch scheidet.

Tina liebt Jochen nicht mehr. Aber Jochen liebt Tina noch. Ein einseitiger Liebestod. Anschließend manchmal „Rosenkrieg“. Markus liebt eine andere. Nicht mehr seine Ehefrau Marlene. Sie will ihn dann auch nicht mehr. Zwangsläufig einverständlicher Liebestod.

Wenn Paare sich das Ja-Wort geben, hoffen sie in der Regel auf eine lebenslange Partnerschaft. Realität ist, dass derzeit fast jede zweite Ehe geschieden wird.
Die Gründe sind jeweils unterschiedlich. Ein Drama für die Betroffenen. Eine Hoffnung wird begraben. Trauer. Trauer nicht nur bei dem Menschen, der verlassen wird, sondern auch bei dem, der geht. Letzteres wird oft übersehen. Dazu kommen bei dem oder der Verlassenden noch Schuldgefühle. Ein Versprechen wurde gebrochen. Bei der standesamtlichen Trauung klingt das Eheversprechen eher nüchtern: „Wollen Sie, Frau Y. die Ehe mit Herrn X. eingehen ( und umgekehrt), dann antworten Sie mit Ja.“ Immerhin ein Versprechen, eine Zusage. Zwar „nur“ weltlich, aber verbindlich.

In der Kirche wird es ernster. Die klassische Trauformel lautet:

„Vor dem heiligen Gott und vor diesen Menschen frage ich dich, willst du (Name) als deine Frau aus Gottes Hand nehmen, sie lieben und ehren, in guten und bösen Tagen sie nicht verlassen und allezeit die Ehe mit ihr führen, bis dass der Tod euch scheidet, so antworte mit: Ja.“

Dieselbe Formulierung dann noch für die Frau.

In der katholischen Kirche gilt die Ehe als Sakrament ( sacre= heilig, unverletzlich). Bei den Evangelischen gehört Eheschließung nicht zu den Sakramenten.

Trauung standesamtlich oder kirchlich, verbindlich sind beide Eheversprechen. Wirklich verbindlich? Das zeigt dann der Alltag. Nicht immer einfach. Manche Paare schaffen es bis dass der Tod sie scheidet. Gemeinsam durch Dick und Dünn, durch Freud und Leid. Eine Portion Glück gehört auch dazu und jede Menge Wille. Partnerschaften sind wie Pflanzen: sie wollen gepflegt werden, gedüngt werden, sonst verhungern sie. Manchmal gelingt es, diese Pflanze noch aufzupäppeln, wenn sie arg danieder liegt. 

Die sogenannte Ambivalenzphase in ernsten Krisensituationen erweist sich als sehr belastend. In dem einen Moment meint er oder sie, es lässt sich doch noch reparieren, im nächsten Moment überwiegt die Überzeugung, es geht nicht mehr. Ein Hin und Her. In manchen Fällen erholt sich die bedürftige „Pflanze“ nicht mehr. Eine Beerdigung (Scheidung) steht an. Hoffentlich wurde vorher alles versucht, dass sie sich wieder erholt.

So lange es nur zwei Menschen betrifft, hält sich die Tragik in Grenzen. Sind jedoch inzwischen Kinder beteiligt, potenziert sich die Trauer. Egal wie alt Kinder sind, immer empfinden sie das als schlimm, wenn ihre Eltern sich trennen. Erich Kästner schrieb: „Für manche Kinder ist es schlimm, wenn ihre Eltern sich trennen, für andere ist es schlimm, wenn ihre Eltern sich nicht trennen.“ Wenn eine Ehe unerträglich wird, sollte sie beendet werden.

Immer gibt es Schuldgefühle, Verletzung, Wut und Trauer bei Trennungen. Auf beiden Seiten. Was hätten wir anders machen sollen, können?

Trauerphasen gelten auch hier:

1. Nicht wahrhaben wollen. Verdrängen.

2. Gefühlschaos: Trauer, Wut, Schmerz, Hoffnung. Hoffnungslosigkeit, Schuldgefühle

(Rachegedanken bei Menschen, die verlassen werden)

3. Akzeptanz

4. Neuorientierung

Wobei diese Phasen nicht geordnet nacheinander kommen, sondern ziemlich turbulent immer wieder sich melden. Irgendwann münden sie dann endlich nach langer Zeit bei Akzeptanz und damit Neuorientierung. Wie können Paare und Familien mit diesem häufigen Drama umgehen? Hilfreich sind möglichst Offenheit und Respekt zwischen den Partnern.

Trauer zulassen. Wut zulassen, ohne destruktiv zu werden. Verständnis für sich selbst aufbringen, gut zu sich selbst zu sein, Gespräche mit Freunden suchen und/ oder mit einer Beratungsstelle. Auf keinen Fall die eigene Verletzung auf dem Rücken der Kinder austragen, sie als Macht- und Druckmittel benutzen gegen den Partner oder die Partnerin! Kinder brauchen sehr viel Schutz und Verständnis in Trennungszeiten! Wichtig ist, dass ihnen vermittelt wird: du bist nicht schuld daran, dass Papa und Mama sich nicht mehr verstehen. Beide haben wir dich immer lieb, auch wenn wir nicht mehr eine Familie sind. Und du darfst uns natürlich auch beide lieb haben. Diese Einstellung bedarf viel Selbstüberwindung. Der Kinder wegen ist das aber absolut wichtig!

Und was ist mit den Schwiegereltern? Den gemeinsamen Freunden? In wie weit gilt die Trennung des Paares auch für sie? Wie sollen sie sich verhalten? Das ist sehr unterschiedlich. Gemeinsam ist die Unsicherheit, wie mit der neuen Situation umzugehen ist. Es ist hilfreich, diese Unsicherheit anzusprechen. Entweder von Seiten der Schwiegereltern als auch von den Freunden oder der getrennten Partner. Auch für die Kinder ist das wichtig. Sie bleiben Enkel. Und meist haben sie auch zu den Freunden der Eltern eine eigene Beziehung aufgebaut. Die Beteiligten können kreative Wege finden, mit der neuen Situation umzugehen. Sich nicht aus falscher Rücksicht zurückziehen. Das hinterlässt nur noch mehr Wunden. Irgendwann wird diese Wunde heilen. Doch es bleiben Narben, sowohl bei den Partnern als auch bei den Kindern. Ein Leben ohne seelische Narben gibt es nicht. Vertrauen in Heilung ist wichtig. Ganz am Ende gilt Vergebung. Ohne diese ist ein Neuanfang nicht möglich.