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St. Sebald aus katholischer Sicht
Unterwegs auf der Suche nach Gott

Ein Heiliger, der auf einem Mantel über die Donau segelt. Ein Wundertäter, der mit Eiszapfen Feuer macht oder einen Finger – einer Taschenlampe gleich – zum Leuchten bringt, um einem Bauern bei der Suche nach seinem Ochsen zu helfen. Einer, dessen Skeletthand selbst noch einem frechen Lästerer eine Ohrfeige gegeben haben soll. 

Das alles sind Bilder aus frommen Legenden über den heiligen Sebald. Für uns heute bringen sie wohl eher das Kopfkino ins Laufen, als dass sie uns erbauen würden. Sie sind Ausdruck einer sehr plastischen, eher katholisch geltenden Frömmigkeit. Man glaubte, dass Heilige Gott näher seien, und wandte sich an sie in der Not. So die traditionelle katholische Denkweise. Doch selbst nach der Reformation, die doch eigentlich ganz ohne diese bildliche, katholische Art der Heiligenverehrung auskam, blieben Sebalds Reliquien und die Legendenbildung erhalten.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Einer davon dürfte eher regional als geistlich begründet sein. Sebald gehört schlichtweg zu Nürnberg, genau wie der Schöne Brunnen, die Bratwürste oder der „Club“. Dafür muss ich weder katholisch noch evangelisch sein. Aber christlich gedacht könnte man diese regionale Verbundenheit so interpretieren: Da hat ein Mensch unter uns, in und um diese Stadt herum gelebt und Zeitgenossen konnten an ihm etwas davon ablesen, wer und wie Gott ist. Menschen haben erfahren, dass Gott Großes mitten unter uns tun kann.

Sebald war Pilger und Einsiedler. Ein Mensch unterwegs auf der Suche nach Gott. Lässt man das schmückende Beiwerk der Legenden einmal weg und reduziert man sein Leben auf diese Grundhaltung, dann wird Sebald auch zu einem Vorbild gerade für Christen unserer Zeit. Das Erodieren klassischer Kirchenbilder zwingt Christen zu einer neuen Standortbestimmung. Die Frage, wer Gott im eigenen Leben ist, lässt sich eben nicht durch Dogmen oder Glaubenssätze beantworten, sondern durch das lebenslange Unterwegssein und Suchen.

Gerade weil so wenig aus Sebalds Leben bekannt ist, ist er für mich ein Heiliger, auf den ich keinen konfessionellen Blick habe. Wenn er heute als katholischer Heiliger verehrt wird, dann wird da keine heroische Leistung geadelt oder eine fromme Heiligenlegende legitimiert. Es begegnet uns vielmehr ein Mensch, dem Gott die Sehnsucht ins Herz gelegt hat, sich auf die Suche zu machen nach ihm. Sebald – ein echtes Vorbild für Christen heute, über Konfessionsgrenzen hinweg.

Text: Andreas Lurz, katholischer Stadtdekan