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Weitere Sensationsfunde im Sebalder Pfarrhof …
Weitere Sensationsfunde im Sebalder Pfarrhof …

Bis zuletzt birgt die seit 2018 laufende Kernsanierung des Sebalder Pfarrhofs, die die erste seit 500 Jahren ist, immer wieder Überraschungen. Mich fasziniert dabei nicht nur, dass der Pfarrhof wie durch ein Wunder nie zerstört wurde und dadurch in besonderer Weise eine über Jahrhunderte nachvollziehbare architektur-, bau- und kunstgeschichtliche Entwicklung widerspiegelt. Vor allem ist fast unglaublich, dass wir bis zuletzt von Sensationsfunden überrascht werden, die den Fertigstellungstermin im Dezember aber nicht aufhalten werden.

Die Baugeschichte des Pfarrhofs ist aufs Engste mit der der Kirche verwoben: Zeitgleich mit der Entstehung des romanischen Baus der Sebalduskirche in der Mitte des 13. Jahrhunderts entstand nördlich des Westchores ein turmartiges Gebäude, das bis heute hinter dem berühmten Chörlein erhalten ist. Dieses Turmhaus bildet die Keimzelle des Pfarrhofes, der sich in vorreformatorischer Zeit zu der heute noch existierenden Vierflügelanlage weiterentwickelte und damit zu den ältesten Baudenkmälern Nürnbergs zählt.

Die Größe des Pfarrhofes, aber vor allem die außerordentlich repräsentative Ausstattung, die im Zuge der Sanierung wiederentdeckt wurde, lassen Rückschlüsse auf zahlreiche und auch hochrangige Besucher (u. a. Kaiser Friedrich III.) zu. So wurden u. a. rötliche Terrazzoböden, Decken- und Wandmalereien aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, repräsentative Kachelöfen mit kunstvollen Kacheln und Holzkassettendecken von 1514 wiederentdeckt.

Besonders bedeutend und weiterhin rätselhaft bleibt die Wiederentdeckung des jüdischen Grabsteins von 1334 in der Eingangshalle des Pfarrhofes. Dazu hat sich im Juli 2020 ein weiterer Sensationsfund gesellt: Auf der unmittelbar darunter liegenden mittelalterlichen Holztür wurde ein unheilabwehrender Spruch gefunden.

Er lautet:

Bei dem wunderbaren Spruch handelt es sich um einen von drei Schutzsprüchen, die mittel- und osteuropäische Juden seit dem Mittelalter an Tore und Türen ihrer Privathäuser, aber auch an ihre öffentlichen Gebäude schrieben.

Völlig unklar ist aber, wie dieser Spruch auf diese Tür gelangte und warum und seit wann diese sich im Sebalder Pfarrhof befindet. Um diesen Fragen angemessen an ihrem heutigen Ort auf die Spur zu gehen, haben wir uns nach Gesprächen mit der Israelitischen Kultusgemeinde, den Denkmalschutzbehörden und den Museen der Stadt Nürnberg dazu entschieden, den hinter Grabstein und Tür liegenden Raum als öffentliches Einraum-
museum einzurichten.

Tagsüber kann der Innenhof damit durch die Stadtöffentlichkeit und die Gemeinde besichtigt und genutzt werden. Im 1. OG werden Pfarrwohnung und Gemeindebüros liegen und für das 2. OG haben wir mit „Bühner & Partner Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB“ den Mietvertrag unterschrieben.

Wir freuen uns also auf die Fertigstellung und planen weiterhin die feierliche und öffentliche Einweihung zum 1. Advent – 2020.

Text: Martin Brons
Artikelfotos: Archiv St. Egidien