Gesellschaft
Wir tun, was wir können

Allein in Nürnberg sind Abertausende von Haushalten akut auf der Suche nach einer halbwegs erschwinglichen Bleibe – nicht wenige sind schier am Verzweifeln.

Der akute Mangel an preisgünstigem Wohnraum gilt längst als das soziale Problem Nummer eins. Und die Kirche? Bewerberschlangen im Ringen um eine günstige Bleibe, Wohnungsnot, gar Obdachlosigkeit: All das lässt auch sie nicht kalt. Deshalb mischt die evangelische Kirche in Bayern auch selbst auf dem Wohnungsmarkt mit – mit ihrem Evangelischen Siedlungswerk (ESW). Gegründet 1947, war die Überwindung der Wohnungsnot das oberste Ziel. Heute gesellt sich zu sozialen Aspekten das Ziel der Nachhaltigkeit. Seinen Sitz hat das ESW im Herzen der Altstadt, am Hans-Sachs-Platz, also mitten im Citykirchengebiet.

In ganz Bayern bewirtschaftet die ESW-Gruppe knapp 13.000 Wohn- und Gewerbeeinheiten, darunter knapp 2.300 aus kirchlichem Besitz. Über gut 4.000 Einheiten verfügt das ESW in Mittelfranken, in Nürnberg sind es 2.300 – nicht wenig, aber gerade mal ein Achtel des Bestandes der städtischen wbg. Auch andere gemeinnützige Träger (kommerzielle sowieso) sind am Markt stärker vertreten.

Ein besonderes Augenmerk galt und gilt Senioren, Alleinerziehenden und Studierenden. Allerdings unterliegt auch beim ESW nur ein Teil der Wohnungen einer Sozialbindung und ist für einkommensschwache Haushalte bestimmt, nämlich etwa 30 Prozent. Dabei liegt die Durchschnittsmiete (kalt) – quer durch den gesamten Bestand – bei 6,63 Euro, in Nürnberg nur zwei Cent niedriger, in München dagegen bei 8,47 Euro und auch in Regensburg noch bei 7,38 Euro. In Würzburg zahlen ESW-Mieter durchschnittlich 5,43 Euro pro Quadratmeter.

Keine „großen Sprünge“

Könnte und sollte nicht gerade das kirchliche Unternehmen viel mehr „Gas geben“, um neue Wohnungen zu errichten – und zwar vorrangig und ganz gezielt günstige? „Wir tun, was wir können“, versichern die Geschäftsführer Hannes B. Erhardt und Robert Flock. Aber wie andere – und besonders genossenschaftliche Unternehmen – stößt auch das ESW an gleich mehrere Grenzen:

Grundstücke sind gerade in Nürnberg knapp –
und entsprechend teuer. Zumal aus Privatbesitz. Bei Ausschreibungen ziehen gemeinnützige Bieter oft den Kürzeren. Die größten Chancen hat das ESW noch, wenn große Flächen frei oder ganz neu erschlossen werden. Aber auch dann kommt das ESW oft nur mit anderen Bauträgern zum Zuge, so demnächst zum Beispiel in Nürnberg-Schweinau, wo das bisherige Gelände der Firma Akzo Nobel neu bebaut wird.

Wirklich „große Sprünge“ kann sich das ESW schon aus finanziellen Gründen nicht leisten: Bei einem Jahresumsatz von zuletzt gut 54 Millionen Euro blieb am Ende ein Überschuss von gut drei Millionen. Die Geschäftsführer setzen damit auf kontinuierlichen Ausbau, aber mit Augenmaß. Schließlich gilt es gleichzeitig, den vorhandenen Bestand „in Schuss“ zu halten und nötige Modernisierungen nicht auf die lange Bank zu schieben. Im Unterschied zu den auf satte Gewinne bedachten Firmen begnüge sich das ESW mit für die Branche vergleichsweise bescheidenen Renditen um die zwei Prozent. Ein Plus aber müssen die Geschäftsführer jedenfalls erwirtschaften, das hat ihnen die Landeskirche als Träger aufgegeben.

Limitiert sind nicht zuletzt die personellen Ressourcen. Das hauseigene Planungsteam sei bis zum Anschlag ausgelastet, versichern Erhardt und Flock. Und es lässt sich vor allem nicht mit einem Fingerschnippen aufstocken. Und nicht nur fürs Büro, sondern auch für die Baustellen werde es immer schwerer, wirklich gute Fachkräfte zu finden.

Und was empfiehlt und wünscht sich das ESW, um den Bau erschwinglichen Wohnraums stärker anzukurbeln? Möglichst günstige Grundstücke seien die Basis, meint Hannes B. Erhardt. Auch manch bürokratische Verschlankung könnte für Entlastung sorgen. Nicht zuletzt komme es darauf an, der Bauwirtschaft zu ausreichend und gut qualifiziertem Nachwuchs zu verhelfen.

 

Text: Wolfgang Heilig-Achneck

Foto: iStockphoto.com